Riestern - eine Glaubensfrage?

Seit ihrer Einführung 2002 galt die Riester-Rente bei Politikern und Verbrauchern als der Königsweg, um Rentenlücken zu vermeiden. Aktuelle Untersuchungen legen nahe, dass Riester inzwischen weniger eine funktionierende Rentenlösung als eine Glaubensfrage ist. Die Attraktivität der Riester-Rente ergibt sich vor allem aus großzügigen steuerlichen Subventionen. Bisher schlossen 15,6 Millionen Bundesbürger Riester-Verträge ab, meist handelt es sich dabei um kapitalgebundene Rentenversicherungen.


Riester

Allerdings zeigt das Riestern aktuell einen klaren Abwärtstrend. Inzwischen verzeichnen Banken und Versicherungen mehr Vertragskündigungen als Neuverträge, seit dem Jahreswechsel ist die Zahl der laufenden Verträge um 27.000 gesunken. Der Schwund betrifft sowohl Versicherungen als auch Fondsparpläne. Eine positive Tendenz ist lediglich bei Banksparplänen sowie bei Wohn-Riester-Verträgen zu verzeichnen. Jeder fünfte Riester-Vertrag wird irgendwann nicht mehr bedient. Das Hamburger Institut für Finanzdienstleistungen schätzt, dass nur rund die Hälfte aller Riester-Sparer die Policen bis zum Ende überhaupt sowie aktiv hält.

Überzogene Lebenserwartung als Basis für die Ertragsberechnung

Kritiker der Riester-Rente führen neben sinkenden Zinserträgen vor allem die steigende Lebenserwartung zukünftiger Rentner-Generationen an, welche die Riester-Vorteile der Tendenz nach "auffrisst". Der Versicherungsmathematiker Axel Kleinlein hat ausgerechnet, das ein Riester-Sparer bereits heute weit über 90 Jahre leben müsste, wenn er seine Einzahlungen komplett zurückerhalten und von den staatlichen Zulagen überhaupt profitieren möchte. Auch die Versicherungen rechnen für ihre Riester-Sparprogramme mit deutlich überzogenen Daten, die Allianz beispielsweise nach eigenen Angaben mit einer Lebenserwartung von 102 Jahren.  In welchem Maß die Riester-Rente tatsächlich zukunftsfähig ist, wird sich wohl erst nach zehn bis 20 Jahren zeigen, wenn die heutigen Sparer in größerer Zahl in Rente gehen. Viele Fakten sprechen allerdings bereits jetzt dagegen. Seitens der Politik liegt dem Riestern die Annahme zugrunde, dass jeder Sparer für die staatlich geförderte Altersvorsorge mindestens vier Prozent seines Bruttoeinkommens einsetzt und zusammen mit den Einzahlungen in die gesetzliche Rentenkasse auf einen Vorsorgeanteil von 15 Prozent seiner Bezüge kommt. In der Realität fließen im Durchschnitt nur 2,8 Prozent des Brutto-Einkommens in die Riester-Rente, weil die Sparer entweder keine höheren Summen zahlen können oder sich um das Aufstocken des Vertrages nicht kümmern. Dementsprechend schrumpfen auch die staatlichen Subventionen für das Sparprogramm.  Viele Hausfrauen und Mütter bedienen die Verträge zudem nur mit dem für den Erhalt der Zulagen gesetzlich vorgeschriebenen Minimum von 60 Euro und ohne Absicherung durch die gesetzliche Altersrente. Vor diesem Hintergrund und gemessen an der durchschnittlichen Rentenhöhe schließt das Riestern die Rentenlücke nicht. Aktuell beziehen mehr als die Hälfte der Neurentner aus der gesetzlichen Rentenkasse nicht mehr als 700 Euro monatlich. Auch durch das Riestern lässt sich für diesen Personenkreis Altersarmut nicht vermeiden.

Riester-Policen: Sinkende Garantiezinsen, kaum Transparenz und hohe Kosten

Die Entwicklung der Finanzmärkte verschärft die negative Renten-Perspektive. Das Munich Center for the Economics of Aging (MEA) kam bereits im Jahr 2008 zu dem Ergebnis, dass eine Riesterrente bei voller Bedienung des Vertrages und einem Renteneintritt ab 2030 die Rentenlücke nur dann vollständig schließt, wenn die Spareinlagen nach Abzug von Kosten, Inflation und Steuern Zinserträge von 4,5 Prozent erbringen. Bei einer Verzinsung von 2,5 Prozent wäre dieser Punkt erst bei einem Renteneintritt ab 2045 gegeben.  Die realen Zinsen einer Riester-Rente liegen heute bei 3,56 Prozent, bei den schlechtesten Versicherungen bei nur 2,5 Prozent - mit sinkender Tendenz. Elf Jahre nach der Einführung von Riester sind nach Berechnungen des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung die Garantiesummen der Verträge um 40 Prozent geschrumpft. Ein Versicherungsnehmer, der seinen Riester-Vertrag über 30 Jahre mit monatlich 100 Euro bedient, erhält nach heutigem Stand eine Monatsrente von 130 Euro, auf die außerdem 20 bis 25 Prozent Steuern fällig werden. Der Durchschnittsertrag aller Riester-Policen liegt derzeit bei monatlich 85 Euro Rente. Hinzu kommen die hohen Kosten der Verträge. In der Ansparphase liegen sie je nach Versicherung bei 13 bis 20 Prozent des Jahresbeitrags. Laut einer MEA-Studie zehren die im Übrigen wenig transparenten Kosten im Schnitt rund ein Viertel der garantierten Zinserträge auf.

Fatal für Riester-Sparer mit geringem Einkommen: Je geringer Sparbeitrag und Zulagen bemessen sind, desto höhere Gebühren fordern die Versicherungen. Auch die staatlichen Zulagen werden durch diese Praxis zu einem nicht unbeträchtlichen Teil von den Assekuranzen abgeschöpft. Vor diesem Hintergrund bleibt das Riestern bis auf weiteres eine Glaubensfrage. Sparern, die ihre private Altersvorsorge auf eine effektive Basis stellen wollen, ist von einer Riester-Rente als alleiniges Standbein allerdings dringend abzuraten.


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