Die Deutschen: Gute Sparer, schlechte Anleger

Wenn es um Vermögensbildung geht, sind die Deutschen weniger rational, als vielmehr geprägt von historisch-politischen Erfahrungen und Einflüssen, was ihnen eine unabhängige Sichtweise versperrt.


Gute Sparer

Faktum 1:  Wir sind ein Volk der Sparer

Im Durchschnitt der Bevölkerung sparen die deutschen Privathaushalte 10% ihres Nettoeinkommens und liegen damit hinter der Schweiz bereits an zweiter Stelle in der OECD, während viele andere Länder nur gut die Hälfte dieses Wertes sparen.

Die Vermögensverteilung ist sehr Immobilien-lastig:  Fast 53% des Vermögens der Privathaushalte liegt in Immobilien, 18% in Bankeinlagen, 13,5% in Lebens- und Rentenversicherungen und nur 6,4% in Aktien(-fonds), die langfristig die mit Abstand beste Rendite aufweisen (ca. 8% p.a.) und daher für eine effiziente Altersvorsorge unverzichtbar sind.  In Deutschland erzielen Vermieter hingegen nach einer neueren Studie meist nur ca. 2-3% p.a. an Rendite.

Während in Deutschland eine Immobilien- und Sparbuch-Mentalität vorherrscht, wurden Anleger in Ländern wie USA und England, aber auch in der Schweiz, Schweden und Norwegen durch kapitalbasierte Pensionssysteme an Aktien herangeführt, was in Deutschland noch weitgehend fehlt. 

Faktum 2: Der Staat redet uns „riskante“ Anlagen aus

Gerade in Deutschland wurde die Aktienanlage lange madig gemacht. Klassisches Sparen hingegen war immer der Favorit der Obrigkeit, stets ausdrücklich erwünscht.  Aufrüstung und Kriegsfolgen erforderten insbesondere den Kauf von Sparprodukten und Anleihen durch das Volk zur Staatsfinanzierung. Der Nationalsozialismus verunglimpfte Aktionäre als „Spekulanten“ und deckelte sogar Dividenden. Als Folge steckt noch heute eine Stigmatisierung von Aktien tief in den Köpfen. Bis in die heutige Zeit hinein reicht die Benachteiligung von Aktien: Banken und Versicherungen müssen hohes Eigenkapital vorhalten bei Aktienanlage, griechische Staatsanleihen hingegen gelten als „sicher“. 

Faktum 3: Die bisherigen Aktienmarkterfahrungen beruhten eher auf Herdentrieb als auf echtem Verständnis

Volksaktien-Lancierung wie Telekom von 1996-2000 durch Regierungen als Flop, verunglückte Riesterkonzepte, teure und wenig effiziente Fondskonstruktionen haben bewirkt, dass sich kein nachhaltiger Erfolg durch Aktienengagement für eine breitere Mehrheit erschlossen hat.

Eine rationale  Beschäftigung mit Aktienanlage hat sich in Deutschland bisher kaum ergeben, anders als in vielen anderen – auch europäischen - Staaten. 

Faktum 4:  Die Deutschen fürchten sich insbesondere vor (Hyper-)Inflation und Währungsreform

Als tiefgreifende Erfahrungen spielen dabei die Jahre 1923 und 1948 eine große Rolle. Wie weiter oben bereits gezeigt, ist die Vermögensaufteilung in Deutschland stark Immobilien- und Geld-lastig.

Immerhin 35% aller Anlagen liegen in Inflations- und Währungsreform-gefährdeten Anlagen, nämlich in Bankeinlagen, Anleihen und Lebensversicherungen. Bei den gegebenen Zielsetzungen bzw. Befürchtungen sind diese Anlagen eher untauglich, weil besonders gefährdet als reine Geldwerte. 

Die Lösung: Klassische Diversifikation lässt grüßen

Der beste Schutz in allen denkbaren Zukunftsszenarien von Deflation bis Hyperinflation ist eine gute Diversifikation über verschiedene Anlageklassen hinweg.

Da Geldwerte/Anleihen in den nächsten Jahren einerseits renditeschwach und anderseits zum Teil auch Ausfall-gefährdet sein werden, sollte deren Anteil eher knapp gehalten werden. Gold in physischer Form von einigen Prozenten des freien Vermögens kann als Versicherung dienen, sollte die Integrität von Geldwerten wieder einmal beschädigt werden.

Immobilen sind eher schwach rentabel für den durchschnittlichen (Privat-)Anleger, oft genug sogar ein Verlustgeschäft. Lukrative Vermietung gelingt nur einem geringen Teil. Eigengenutzte Immobilien mit gesunder Finanzierung sind, sofern sie zu den Lebensumständen passen (Mobilitätsanforderungen), nach wie vor eine sinnvolle Anlage bzw. Altersvorsorge, sofern ein günstiger Kauf möglich ist. Letzteres ist aktuell in Metropolen deutlich erschwert, so dass hier Vorsicht geboten ist.

Zum langfristigen Vermögensaufbau sind Aktien am besten geeignet, da sie als ideale Kombination aus Sachwert und Risikostreuung mit hoher Rendite gelten dürfen. Konsequentes Sparen ist erforderlich, weil beim „freien“ Sparen der Aspekt des Zwangssparens wie bei einer Immobilie entfällt.

Der Teil von Anlagegeldern, der mindestens 10-15 Jahre entbehrlich ist, gehört geradezu „zwingend“ in eine global gestreute Aktienfondsanlage, und zwar zu niedrigsten Anlagekosten. Der Kaufzeitpunkt spielt bei langfristiger Anlage kaum eine Rolle, so dass ein Einstieg praktisch zu jedem Zeitpunkt möglich ist, ganz sicher aber in Form eines Sparplans. Anleger unterschätzen übrigens regelmäßig die faktische Länge ihres Anlagehorizontes. 


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