Die Lebensversicherung steht vor gewaltigen Problemen

Die Ratingagentur Moody´s gab für die deutsche Lebensversicherung eine düstere Prognose ab. Falls das Zinsniveau nicht wieder steigt, drohen den Versicherten Verluste von insgesamt bis zu 90 Milliarden Euro. Die Lebensversicherung gehört in Deutschland nach wie vor zu den beliebtesten Formen, privat für das Alter vorzusorgen.


Lebensversicherung

Im aktuellen "Vermögensbarometer" des Deutschen Sparkassenverbandes geben 30 Prozent der Befragten an, dass sie eine Lebensversicherung für die "ideale Form der Altersvorsorge" halten.  Dieser Wert liegt zwar um fünf Prozentpunkte niedriger als im vergangenen Jahr. Trotzdem sind im Vergleich nur selbstgenutzte Immobilien attraktiver, auf die insgesamt 50 Prozent der deutschen Sparer ihre Altersvorsorge am liebsten gründen würden. 

Deutsche Lebensversicherung - durch die Niedrigzinsphase besonders hart getroffen

Falls die Ratingagentur Moody´s mit ihrer Prognose Recht behält, wird diese Präferenz für die Versicherungskunden teuer. Wenn das Zinsniveau im kommenden Jahrzehnt auf dem heutigen Stand verharrt, drohen den Versicherungsunternehmen Verluste in Milliardenhöhe. Ihre traditionell hohen Zinsversprechen können sie in diesem Szenario langfristig nicht halten. Die Moody´s-Analysten Benjamin Serra und Simon Harris gehen davon, dass die deutschen Assekuranzen aufgrund ihrer hohen Garantiezinsen weltweit besonders hart getroffen werden. In Deutschland existieren rund 89 Millionen Policen über eine Lebensversicherung. Viele Versicherer hatten diese Angebote in besseren Zeiten mit Garantiezinsen von bis zu vier Prozent beworben. Im Durchschnitt liegt der Garantiezins für eine Lebensversicherung bei 3,2 Prozent. Im europäischen Vergleich sind diese "Altlasten" lediglich in den Niederlanden höher. In der Schweiz oder Italien liegen die durchschnittlichen Garantien bei etwa 2,5 Prozent, in Frankreich nur bei einem Prozent. Britische Assekuranzen geben traditionell keine Garantien ab.

Prognostiziertes Defizit zwischen 40 und 90 Milliarden Euro

Fakt ist, dass sich ein Zinsniveau von vier Prozent derzeit auf den internationalen Geldmärkten kaum noch irgendwo erzielen lässt.  Immer mehr Versicherungen geraten deshalb unter Druck. Seit 2011 hält die BaFin zwar die Branche dazu an, eine sogenannte Zinszusatzreserve aufzubauen. Serra und Harris gehen davon aus, dass diese sich Ende 2013 auf etwa sechs Milliarden Euro belaufen wird.  Bei einem Anhalten der Niedrigzinsphase bis 2023 würden sich die realen Defizite der deutschen Lebensversicherung jedoch auf Beträge zwischen 40 bis 90 Milliarden Euro aufaddieren. Um die geltenden Kapitalvorschriften zu erfüllen, müsste die Branche daher immer stärker von ihren stillen Reserven zehren. Theoretisch sind die Versicherungen zwar an ihre vertraglichen Zinszusagen gebunden, in der Praxis kann die Bundesfinanzaufsicht (BaFin) sie bei einer existenzbedrohenden Belastung jedoch von diesen Garantien befreien.  Die beiden Moody´s-Analysten bescheinigen den deutschen Versicherungen außerdem eine falsche Anlagepolitik, die sie nun zusätzlich in Nöte bringt. Die Laufzeiten der Verträge für die Lebensversicherung sind oft deutlich niedriger als die Anlageverträge. Neue Anlagen erwirtschaften zwangsläufig nur marktübliche - und heute daher vergleichsweise niedrige - Renditen. Benjamin Serra bemerkt dazu, dass die Diskrepanz zwischen Verpflichtungen der Versicherer und ihrer realen Deckung in keinem Land so groß sei wie in Deutschland. Zwar steuern die Unternehmen inzwischen durch einen deutlich abgesenkten Garantiezins von derzeit im Schnitt nur noch 1,75 Prozent sowie neue, flexiblere Produkte gegen. Positive Effekte dürften sich daraus jedoch erst langfristig ergeben.


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