EZB-Anleihenkaufprogramm - rechtswidrig und ökonomisch falsch?

In der "FAZ" haben 163 Wirtschaftsprofessoren das Anleihenkaufprogramm der EZB scharf kritisiert. Die Fokussierung auf Anleihen überschuldeter EU-Mitgliedstaaten verstoße gegen das geldpolitische Mandat der Europäischen Zentralbank. Für die Anleihenkäufe der EZB fanden die Wirtschafts-Experten in ihrer öffentlichen Stellungnahme harsche Worte. Sie kritisieren sie als rechtswidrig sowie ökonomisch falsch.


EZB, Anleihen

Im Kern gehe es dabei um "verbotene Staatsfinanzierung". Da die EZB ausschließlich Anleihen überschuldeter EU-Mitgliedsländer kaufe, gefährde sie damit auf lange Sicht ihre geldpolitische Unabhängigkeit. Laut "FAZ" haben den Aufruf unter andrem der Bonner Finanztheoretiker Manfred Neumann, der Präsident des Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn sowie der frühere sächsische Ministerpräsident und Hochschullehrer Georg Milbradt unterzeichnet.

Unbegrenzter Kauf von Anleihen durch die EZB als Teil des Euro-Rettungsschirms?

Hintergrund des Protests der Wirtschaftswissenschaftler ist, dass die EZB zwischen Mai 2010 und Anfang 2012 Anleihen im Wert von über 220 Milliarden Euro gekauft hat, die von den Krisenstaaten Griechenland, Irland, Italien, Portugal und Spanien ausgegeben wurden. Im Sommer 2012 folgte die Ankündigung eines notfalls unbegrenzten Anleihenkaufprogramms unter dem Namen OMG. EZB-Präsident Mario Draghi will damit sicherstellen, dass die europäische Geld- und Zins-Politik in der gesamten Eurozone wirke. Trotz der Senkung des Leitzinses der EZB auf ein historisches Rekordniveau waren die Kreditkosten für mittlere und kleine Unternehmen in den Krisenstaaten im Vorfeld teilweise massiv gestiegen.

Kontroverse Diskussion inklusive verfassungsrechtlicher Fragen

Die 136 Professoren stellen sich damit auch gegen einen anderen Aufruf europäischer und US-amerikanischer Ökonomen, der das Anleihenkaufprogramm der EZB ausdrücklich unterstützt. Initiiert wurde dieser durch den Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher. Zu den Unterzeichnern gehörten laut Fratzscher über 100 Ökonomen, neben der früheren Wirtschaftsweisen Beatrice Weder di Mauro sowie mehreren international bekannten Professoren auch einige Nobelpreisträger. Die Anleihen-Politik der EZB spielt inzwischen auch juristisch eine Rolle. Das Bundesverfassungsgericht prüft aktuell, ob die theoretisch unbegrenzten EZB-Käufe von Anleihen aus den EU-Krisenstaaten gegen das Grundgesetz verstoßen, da sie ein Risiko für die Steuerzahler und vom Mandat der EZB möglicherweise nicht gedeckt sind. Vor einem Jahr hatten die Karlsruher Verfassungsrichter den ESM-Euro-Rettungsschirm in einem Eilverfahren noch unterstützt, allerdings auch mit Auflagen verbunden.


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