Optimale Vorsorge mit wenigen Verträgen

Die solide Mischung aus Anleihen, Immobilien und Aktien führt in vielen Fällen zu großen Erfolgen. Mit wenigen Bausteinen lässt sich für das Alter besser vorsorgen. Abdruck einer Analyse von Herrn Looman aus der FAZ vom 22.06.2013


Optimale Vorsorge mit wenigen Verträgen

Die Altersversorgung ruht in der Regel auf drei Säulen: Rentenversicherung, Eigenheim und Privatvermögen. Die gesetzliche Rente ist Pflicht. Auf deren Gestaltung haben sowohl Angestellte als auch Freiberufler keinen Einfluss. Sie haben in die Rentenkassen und Versorgungswerke einzuzahlen, und sie müssen darauf hoffen, im Alter anständige Gegenleistungen zu erhalten. Das sieht bei der privaten Altersvorsorge anders aus. Hier haben die Privatleute durchaus Freiheiten. In der Theorie geht es um die Frage, ob Investmentfonds oder Versicherungen die optimale Lösung sind, doch in der Praxis ist die Geschichte viel komplexer. Es ist die Frage zu klären, wie die monatliche Gesamtrate, die für Wohnung und Vorsorgen zur Verfügung steht, auf optimale Art und Weise verwendet wird. Die Gedanken, die hinter diesem Konzept stecken, werden in folgendem Beispiel deutlich.

Ein Informatiker ist 37 Jahre alt. Er ist mit einer Betriebswirtin verheiratet, die ein Jahr jünger ist. Das Ehepaar hat zwei Kinder, die sieben und fünf Jahre alt sind. Die Eltern sind beide berufstätig und verdienen pro Jahr knapp 100.000 Euro. Davon bleiben nach Abzug der Sozialabgaben und Steuern knapp 60.000 Euro übrig, so dass die Familie etwa 5000 Euro pro Monat ausgeben kann. Die Eltern haben in den letzten Jahren durch Erbschaften und Zuwendungen aus der Verwandtschaft ungefähr 100.000 Euro angesammelt. Nun steht das Ehepaar, was die Gestaltung der freien Altersvorsorge angeht, vor der Frage aller Fragen, die in diesem Lebensabschnitt zu klären sind: Eigenheim oder Miete?

Freies Kapital im Ruhestand notwendig

Das Ehepaar hat sich für ein Haus entschieden, das einschließlich der Nebenkosten rund 300.000 Euro kostet. Folglich ist ein Kredit von 200.000 Euro nötig, um den Traum vom Eigenheim verwirklichen zu können. Das wird unter der Voraussetzung, dass die Ehepartner ihre Arbeit behalten und ihre Liebe pflegen, kein Problem sein, weil die Zahlen in Ordnung sind. Trotzdem stellt sich die Frage, wie die Finanzierung des Eigenheims und der Aufbau der Altersversorgung, in diesem Fall der Aufbau des freien Vermögens, so geschickt wie möglich unter einen Hut gebracht werden kann.

Das eigene Haus darf, das ist der springende Punkt, auf keinen Fall der einzige Eckstein der freien Altersvorsorge sein, weil es sonst unter der Last zusammenbrechen würde. Im Ruhestand ist als dritte Säule freies Kapital notwendig, um auf angemessene Weise über die Runden zu kommen. Sonst droht die Gefahr, das Haus im Alter versilbern zu müssen, und das ist allen Unkenrufen zum Trotz mit hohen Risiken verbunden. Folglich geht es bei der privaten Altersvorsorge um die Überlegung, wie das Dach über dem Kopf mit dem Aufbau freier Mittel vereinbart werden können.

Ist lange Zinsbindung sinnvoll?

Bei dieser Überlegung sind zwei Punkte wichtig. Wie hoch ist die Monatsrate für Wohnen und Vorsorgen, und wie werden diese Raten verwendet? Zuerst muss geklärt werden, wie viel Geld vom monatlichen Nettoeinkommen (5000 Euro) für Wohnen und Vorsorgen abgezweigt werden soll, und dann geht es um die Frage, wie dieser Betrag in den nächsten 30 Jahren angelegt wird. Soll das Kapital zum Beispiel von Anfang an in eine Kombination aus Darlehen, Lebensversicherung und Aktien-Sparplan angelegt werden? Oder ist es sinnvoller, sich zunächst auf die Rückzahlung des Kredites zu konzentrieren und mit den Sparverträgen erst nach der Tilgung der Verbindlichkeiten zu beginnen?

Im vorliegenden Beispiel sind 40 Prozent der Nettolöhne für das Haus und weitere Sparverträge vorgesehen. Das sind 2000 Euro pro Monat. Sie werden,  in einen Dreierpack aus Darlehen, Kapitalversicherung und Aktiensparplan eingezahlt. Der erste Baustein ist ein Kredit über 250.000 Euro, weil Teile des Eigenkapitals in die Sparverträge fließen. Die Laufzeit des Darlehens soll 30 Jahre betragen, weil das Ehepaar den Kredit spätestens bis zum Eintritt in den Ruhestand zurückzahlt haben möchte. Der Nominalzins liegt bei 3,5 Prozent pro Jahr. Das ist im Augenblick der Preis für eine Zinsbindung von 30 Jahren. Es wird im Detail zu klären sein, ob die lange Zinsbindung sinnvoll ist, doch für den Vergleich langfristiger Finanzierungen sollte mit diesem Sollzins gerechnet werden.

Besinnung auf das ursprüngliche Vorhaben

Das Darlehen ist, weil keine Nebenkosten anfallen, ein einfaches Geschäft. Die Anleger bekommen 250.000 Euro auf die Hand. Sie zahlen dem Kreditgeber, wenn der Zinssatz für die gesamten 30 Jahre gilt, insgesamt 360 monatliche Raten à 1100 Euro zurück. Und am Ende der Laufzeit sind noch die 14368 Euro zu tilgen. Es liegt auf der Hand, die Raten zu addieren, doch die Erkenntnis, dass die Summe bei 410.368 Euro liegt, lenkt nur vom Thema ab. Viel wichtiger ist die Besinnung auf das ursprüngliche Vorhaben. Die Anleger wollen monatlich 2000 Euro für die Finanzierung des Eigenheims und den Aufbau der Altersvorsorge ausgeben. Das heißt in Zahlen, dass weitere 900 Euro unters Volk gebracht werden müssen.

Dieser Betrag wird zu gleichen Teilen in eine Kapitalversicherung und in einen Aktiensparplan investiert. Die Laufzeiten betragen wie bei dem Annuitätendarlehen ebenfalls 30 Jahre. In beide Verträge wird ein Startbetrag von jeweils 25.000 Euro eingezahlt. Danach folgen 360 Raten à 450 Euro. Die Privatleute erwarten jährliche Renditen von 2,5 und 5 Prozent, und wenn die Hoffnung aufgeht, kommen bei der Versicherung etwa 277.000 Euro und bei dem Aktiensparplan rund 400.000 Euro zusammen.

Bei beiden Endwerten handelt es sich um effektive Schlusswerte. Die Abgaben an das Finanzamt sind bereits abgezogen. Das ist bei der Kapitalversicherung die Einkommensteuer auf die Hälfte der Zinsen, und das ist bei dem Aktiensparplan die Abgeltungsteuer auf die Dividenden und Kursgewinne. Folglich wird das Ehepaar, wie in Modell A zu sehen ist, in 30 Jahren insgesamt 913.000 Euro zur Verfügung stehen. Das ist zunächst das schuldenfreie Eigenheim. Es wird bei realistischer Einschätzung höchstens 250.000 Euro wert, weil das Haus handelsüblichem Verschleiß unterliegt. Die Bank möchte eine Restzahlung von 14.000 Euro, und die Sparkonten stehen bei 677.000 Euro.

Modell B ist eine Variante der ersten Lösung. Das Ehepaar verzichtet auf die Kapitalversicherung und stockt den Aktiensparplan auf das Doppelte auf. Die Startzahlung geht auf 50.000 Euro hoch, und 900 Euro fließen monatlich in den Aktiensparplan. Dadurch verdoppelt sich natürlich auch das Guthaben des Aktiendepots. Nun werden in 30 Jahren, wenn die Prognose von 5 Prozent pro Jahr zutrifft, insgesamt 800.000 Euro erreicht, so dass die Ehepartner „kleine“ Millionäre sind. Sie werden ein Vermögen von 1.036.000 Euro besitzen. Das sind rund 123.000 Euro mehr als in Modell A, und die Differenz ist heute 51.000 Euro wert.

Die magische Grenze

Die Modelle C und D sind Ableitungen. Sie bestehen weiterhin aus Krediten, Versicherungen und Investmentfonds. Nur ist die Reihenfolge der Verträge anders. Zuerst werden die Kredite getilgt, dann werden die Sparverträge abgeschlossen. Die Nominalschuld sinkt auf 200.000 Euro, weil das Eigenkapital von 100.000 Euro in voller Höhe eingesetzt wird, und das Darlehen kostet lediglich 2,5 Prozent pro Jahr, weil der Kredit durch die monatliche Tilgung von 2000 Euro nur neun Jahre und drei Monate läuft. Danach sind die Schulden bis auf einen „Kleckerbetrag“ von 503 Euro vom Tisch.

In der Folge fließen 249 Raten à 2000 Euro zu gleichen Teilen in die Kapitalversicherung und in den Aktiensparplan. Das führt bei Anlagezinsen von 2,5 und 5 Prozent nach Abzug der Steuern zu Schlusswerten von 312.138 und 380.855 Euro. Folglich kommt in Modell C ein Vermögen von 943.000 Euro zusammen. Wird auf die Kapitalversicherung verzichtet, so steigern die vollen Aktienraten von je 2000 Euro den Vermögensendwert auf 1.012.000 Euro, so dass auch bei Modell D die magische Millionengrenze überschritten wird.

Wenn Risiko, dann volle Pulle!

Die Betrachtung der Endwerte liefert interessante Erkenntnisse. Modell A und Modell C sind Mischungen aus Darlehen, Kapitalversicherung und Investmentfonds. Sie unterscheiden sich nur im Ablauf. Im ersten Modell laufen die drei Verträge jeweils 30 Jahre nebeneinander, und im dritten Modell wird zuerst der Kredit getilgt, dann das freie Vermögen aufgebaut. Diese Lösung ist um 12.000 Euro günstiger, frei nach dem Motto: Erst Schulden tilgen, dann Vermögen aufbauen.

Umgekehrt ist es bei den Modellen B und D. Hier wird auf die Kapitalversicherung verzichtet, so dass die Ehepartner in beiden Fällen „halbe“ und in der Summe „ganze“ Millionäre sind. Im zweiten Modell laufen die beiden Verträge jeweils 30 Jahre parallel, und im vierten Modell wird zuerst der Kredit zurückgezahlt, dann das freie Aktienvermögen aufgebaut. Die erste Lösung ist um 10.000 Euro vorteilhafter, so dass die Losung des Tages in diesem Fall lautet: Wenn schon Risiko, dann volle Pulle! Außerdem bietet Modell B den Vorteil der langen Spardauer an der Börse. Die Anleger stecken 30 Jahre lang jeden Monat ihre 900 Euro in die Aktientöpfe, so dass Kursschwankungen über diese lange Zeit leichter wettzumachen sind als bei Modell D, in dem die Spardauer zehn Jahre kürzer ist.

Altersvorsorge mit Blick fürs Wesentliche

Unter dem Gesichtspunkt der Risikostreuung und der Verzinsung dürfte Ansatz B die interessanteste Lösung sein. Bei diesem Modell fahren die Anleger „dreispurig“ in den finanziellen Ruhestand. Die erste Spur sind die stattlichen Einzahlungen in die staatliche Rentenkasse. Die Rendite dieser Geldanlage ist, um es mit salbungsvollen Worten zu umschreiben, von mäßiger Güte. Die zweite Spur ist das Eigenheim, und die dritte Spur sind Aktien, und die beiden Sachwerte liefern Ergebnisse, die bei objektiver Betrachtung gar nicht schlecht sind.

Hinter dem zweiten Modell steckt letzten Endes ein schlichter Sparplan. Er beginnt mit dem Eigenkapital von 100.000 Euro. Dann folgen 360 Monate lang Raten von jeweils 2000 Euro. Und am Schluss sollen 1.036.000 Euro auf dem Konto stehen. Das ergibt unter dem Strich eine Verzinsung von 4,1 Prozent nach Steuern, und das ist bei gegenwärtigen Bedingungen auf den Kapitalmärkten kein übles Ergebnis. Möglich wird dieses Resultat freilich nur durch den strikten Verzicht auf klassische Investmentfonds. Ausgabeaufschläge von 5 Prozent und Verwaltungsgebühren von 1,5 Prozent pro Jahr sind der Anfang des Endes. Sie führen zu Kosten von 95.000 Euro, und das muss nun wirklich nicht sein. Es geht mit Hilfe von Indexfonds (ETF) entspannter und preiswerter. Einmal Amerika, einmal Asien, einmal Europa, obendrein noch Eigenheim und Rentenversicherung. Die Vorsorge fürs Alter ist für Leute mit dem Blick fürs Wesentliche ganz einfach.

Herr Volker Looman ist Finanzanalytiker in Bremen. Der Originalartikel ist in der FAZ vom 22.06.2013 mit zusätzlichen Grafiken und Tabellen erschienen.


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