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Neues Insolvenzrecht: Laut Experten nutzlos

Nach einem Plan der Regierungskoalition soll der Entschuldungsvorgang bei Privatinsolvenzen umgestaltet werden: Jeder Schuldner, der nach drei Jahren 25 Prozent seiner Schulden abgezahlt hat, bekommt den Rest erlassen. Dieser Zeitraum beträgt momentan noch sechs Jahre. Experten sehen in dieser Gesetzesänderung keinen Vorteil für den Schuldner, weil kaum jemand in der Lage ist, die Quote von einem Viertel des Schuldbetrags innerhalb von drei Jahren zurückzuzahlen.


Neues Insolvenzrecht: Laut Experten nutzlos

Derzeit bereinigen Schuldner ihre Privatinsolvenzen zu einem Fünftel außergerichtlich. In diesen Fällen leitet also niemand ein Insolvenzverfahren ein, da er sich mit dem Gläubiger einigt. Nach Aussage des Bankenfachverbands erhält eine Kreditbank bei derartigen außergerichtlichen Verfahren 30 bis 50 Prozent des Geldes zurück.

Steht in einem verkürzten Insolvenzverfahren eine Quote von 25 Prozent in Aussicht, stellt sich der Verband die Frage, weshalb Schuldner ihren Gläubigern dann von vornherein mehr anbieten sollten. Ein weiterer Negativpunkt aus Bankensicht besteht in der geplanten Abschaffung des Lohnabtretungsprivilegs, bei dem die Banken zwei Jahre lang alles einbehalten, was sie dem Schuldner an Lohn pfänden können. Dieses Geld erhält kein anderer Gläubiger. Im Anschluss daran verteilt man den Pfändungsbetrag der Insolvenzmasse nach einem bestimmten Schlüssel unter den übrigen Gläubigern.

In Zukunft soll das Geld unverzüglich der Insolvenzmasse zufließen, was der Bankenfachverband ungerecht findet. Die Verbandsvertreterin Cordula Nocke meint, dass die meisten Verbraucher nichts anderes als ihr Einkommen als Sicherheit angeben könnten, wenn sie einen Kredit aufnehmen. Anwälte oder Handwerker seien hingegen in der Position, eine Vorkasse zu verlangen, doch Banken gingen ihrerseits in Vorleistung und es bleibe keine andere Wahl, als auf die Rückzahlabsicht des Kunden zu vertrauen.

Fest steht also schon heute: Weder den Gläubigern, noch den Verbraucherschuldnern bringt diese Reform eine Verbesserung – und es stellt sich eigentlich nur die Frage, weshalb die Regierung dennoch daran festhält. Guido Stephan als Vorstand der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung ist einer Meinung mit den Richtern am Bundesgerichtshof und den Vertretern von Inkasso-Instituten: Dieses Gesetz braucht niemand.

Und dennoch wird es kommen, weil zum Amtsantritt der Koalition aus Union und FDP das Ziel verlautet wurde, einen Mentalitätswandel im Insolvenzrecht stattfinden zu lassen. So erklärte es Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger von der FDP vor zwei Jahren: Eine Insolvenz sei für die Meisten mit endgültigem Scheitern und persönlichem Versagen verbunden, weshalb sich die Regierung dieses Themas annähme und eine dreistufige Reform durchführe, damit eine Insolvenz zur Chance für einen echten Neuanfang wird. Seit 2012 besteht die erste Stufe und kann als Erfolg gewertet werden, denn dadurch können Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten frühzeitig ein „Schutzschirm-Verfahren“ beantragen und damit das Unternehmen zu großen Teilen selbstständig zurück aufs Gleis setzen.

In der Realisierung der zweiten Stufe befinden wir uns grade. Als letzter Akt wird die Konzerninsolvenz überdacht und neu geregelt. (LB/BHB) 

Lesen Sie im dritten Teil dieser Serie, wie viele Verbraucher vom Insolvenzreht betroffen sind und welche Gründe es für Zahlungsunfähigkeit geben kann. 


 
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