Deutsche Sparer: Freiwillig auf viel Geld verzichtet

Deutschen Sparern gehen Milliarden durch die Lappen: Obwohl sich die Zinsen auf Rekordtief bewegen, klebt man fest am Auslaufmodell Sparkonto. Ein Report der Allianz macht die Rechnung auf. Während Privathaushalte EU-weit die Krisenstrategie billigen Geldes für sich zu nutzen wussten, verzichteten deutsche Sparer letztes Jahr freiwillig auf Gewinne in Milliardenhöhe, so Allianz Chefvolkswirt Michael Heise.


Sparer

Sparkonto: Sehenden Auges ins Minus

Aufgrund der Eurokrise hatte die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins auf 0,5 Prozent gesenkt, zudem drückt Fluchtkapital aus Südeuropa das Zinsniveau. Hinzukommt, dass Notenbanken weltweit die Märkte fluten, um die Konjunktur anzukurbeln. Thorsten Polleit, Chefvolkswirt der Degussa, spricht bereits von einer Enteignung der Sparer, doch auch Wirtschaftsprofessoren warnen vor der Staatsfinanzierung durch die EZB bzw. davor, Anleihen von Krisenstaaten in unbegrenzter Höhe aufzukaufen. Die Frage, ob all dies rechtens ist, wird noch im Herbst das Bundesverfassungsgericht beschäftigen. Ein Beispiel: 100.000 Euro auf dem Sparkonto schrumpfen bei einer Inflationsrate von 2 Prozent innerhalb von 20 Jahren um ein Drittel - während die Lebenshaltungskosten weiter steigen.

Sparkonto-Inhaber: Freiwillig auf Gewinne verzichtet

Schuldner freuen niedrige Zinsen, Sparkonto und Gläubigern schaden sie. Die Allianz stellte Zinsverluste auf der Einlagenseite Zinsgewinnen durch billigere Kredite gegenüber. Man verglich das derzeitige mit dem durchschnittlichen Zinsniveau zwischen 2003 und 2008, um die Zinshöhe auszurechnen, von der deutsche Sparer heute profitierten - ein Zinsniveau wie vor der Krise zugrundegelegt. Die ermittelten Verluste bezeichnen Gewinne, die Sparer hätten machen können: 5,8 Milliarden bei 71 Euro pro Kopf, dem im Rest der Währungsunion Gewinne von fast 34 Milliarden Euro bzw. 134 Euro pro Kopf gegenüberstehen. Krisenländer wie Spanien konnten mit 11,5 Milliarden profitieren.

Und die Deutschen? Eine Studie der R+V-Versicherung ergab: 68 Prozent der Deutschen fürchten, mit ihrem Sparkonto für die Eurokrise zahlen zu müssen: Die Bundesregierung beziffert den deutschen Haftungsbetrag auf 310 Milliarden, das Ifo-Institut noch weitaus höher. Trotzdem klebt der Deutsche unreflektiert an Sparkonto und Tagesgeld mit Zinsen unter der Inflationsrate - ein Verlustgeschäft von vornherein. Je länger die Niedrigzinsphase, desto frappierender die Auswirkungen, sobald höhere Zinsbindungen auslaufen und schlechter verzinsten Anlagen Platz machen.

Hartnäckiges Zinstief

Laut Allianz Global Investors rechnen 42 Prozent institutioneller Investoren bis 2016 mit einem Zinstief. Kein Land in Sicht also für fleißige Sparer, die nach Aussage der Bundesbank 1505 Milliarden auf dem Sparkonto und als Tagesgeld geparkt haben, sogar 6,5 Prozent mehr als in 2012, als würden sie eine Deflation erwarten. Einige Sparer greifen bei Angeboten im Einlagengeschäft aktiver ausländischer Banken aus den Niederlanden, Frankreich oder Österreich zu - dort wird Fest- und Tagesgeld allerdings nur unwesentlich höher verzinst. Zudem stellt das Niedrigzinsumfeld auch den Bereich Lebensversicherungen vor Herausforderungen und bei Betriebsrenten schießen Unternehmen oft Geld zu, um Rentenbeiträge auf vertretbarer Höhe zu halten. Die Lufthansa strich jetzt den Garantiezins von sechs bis sieben Prozent, um mit den Gewerkschaften über Verträge ohne garantierte Verzinsung zu sprechen.

Bloß nicht: Aktien

Der Rat an die risikoscheuen Deutschen? Eine höhere Aktienquote im Anlegerportfolio, auf Unternehmensanleihen mit realen Zinsen oder Immobilienfonds mit gutem Rating setzen. Ein Risiko, gewiss, weshalb seit 2007 weniger in Aktien investiert wird - ein teurer Preis für vermeintliche Sparkonto-Sicherheit. Deutschlands Vorteil der Krise? Es gilt als sicherer Hafen. Werden deutsche Staatsanleihen gekauft, sinkt die Zinsbelastung für den Bund. Eine Umverteilung von Sparer Richtung Staat, die dem einzelnen Bürger leider wenig nützt.


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