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Haben wir aus dem Lehman-Desaster gelernt?

Am 15. September 2008 meldete die US-amerikanische Investmentbank Lehman Brothers Inc. Insolvenz an und paralysierte damit die die Finanzwelt. Die Ursachen der Finanzkrise stehen nach wie vor im Raum - eine Wiederholung des Desasters ist nicht ausgeschlossen. Fünf Jahre nach dem Zusammenbruch der Lehman Brothers ist die weltweite Finanzkrise immer noch nicht überwunden.


Lehman

Die Weltwirtschaft und die nationalen Ökonomien einiger Länder, die durch die Schuldenkrise besonders schwer getroffen wurden, überleben seitdem nur durch milliardenschwere Konjunkturprogramme. In dieser Woche zog Sir Adair Turner, der seit 2008 und bis zum März dieses Jahres unter anderem als Chef der britischen Finanzaufsicht tätig war, eine dürftige Bilanz: Die globale Staatengemeinschaft habe aus dem Lehman-Desaster nur bedingt gelernt und sich um die Ursachen der Finanzkrise bisher nicht ausreichend gekümmert.

Lehman Brothers-Insolvenz - Auslöser, jedoch nicht Ursache für die Krise

Die G20-Staaten haben auf dem Höhepunkt der Finanzkrise insgesamt 47 Regularien verabschiedet, welche die Folgen von Überschuldungen und Hochrisiko-Spekulationen durch die Banken limitieren sollen. Die meisten davon sind - zum Teil mit Abstrichen - heute auch umgesetzt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zieht daraus den Schluss, dass sich das Beispiel Lehman Brothers heute nicht mehr wiederholen könne. Ob das stimmt oder eine isolierte Banken-Pleite das System doch zum Einsturz bringen kann, sei einmal dahingestellt.

Fünf Jahre nach dem Lehman-Desaster geht es vielmehr um die Persistenz der Krise und die generelle Instabilität des Finanzsystems. Finanzexperten gehen davon aus, dass die Lehman-Pleite als Auslöser der Finanzkrise zu betrachten ist. Ihre Ursachen sind auch heute ungelöst. Beispielsweise hat die Verschuldung der privaten Haushalte in den vergangenen Jahrzehnten ein dramatisches Ausmaß angenommen. In den USA hat sich der Anteil der privaten Schulden an der nationalen Wirtschaftsleistung zwischen 1980 und 2008 verdoppelt, in Spanien ist er sogar um das Dreifache gewachsen. Dieser Schuldenberg verweist auf den Kern der Finanzkrise ebenso wie auf ihre aktuelle Virulenz. Politiker und Ökonomen haben dieser Entwicklung bis zur Insolvenz der Lehman Brothers Inc. im Vertrauen auf die Marktkräfte tatenlos zugesehen - so lange, bis ein großer Teil der Darlehen nicht mehr durch reale Werte unterlegt war. Indikatoren dafür waren unter anderem die Immobilien-Blasen in den USA, Irland oder Spanien.

Finanzkrise durch spekulative Blasen und private Überschuldung

Von den Spätfolgen der Finanzkrise hat sich die Wirtschaft vieler Länder, darunter der gesamten Euro-Zone, bis heute nicht erholt. Die nationale Wirtschaftsleistung bleibt in vielen Fällen nach wie vor hinter dem Vorkrisen-Niveau zurück. Die Gründe dafür finden sich wieder in der privaten Überschuldung sowie den limitierten Kredit-Ressourcen der angeschlagenen Banken. Eine aktuelle Mc-Kinsey-Studie weist nach, dass der Schuldenabbau innerhalb der Weltwirtschaft stagniert. Die Schulden werden lediglich weitergereicht. Durch Rettungsschirmen für einzelne Banken oder ganze Länder werden private Schulden lediglich zu Staatsschulden umdefiniert. Das Bankenrettungsprogramm seit der Lehman-Pleite kann auch als eine "gigantische Konkursverschleppung" angesehen werden.

Seinerzeit standen auch radikalere Lösungen - die Schließung überschuldeter Banken oder ein globaler Schuldenschnitt - im Raum. Die führenden westlichen Staaten haben sich stattdessen und angesichts unberechenbarer Risiken einer solchen Massen-Insolvenz für einen gemäßigten Kurs entschieden, der Banken und Volkswirtschaften zunächst Zeit verschafft. Zinssenkungen, Sparprogramme und Rettungsschirme haben in vielen Fällen ihren Zweck durchaus erfüllt. Durch die werthaltigen Bestandteile der durch die Staaten übernommenen Insolvenzen inklusive der Konkursmasse der Lehman Brothers Inc. sowie nur vorsichtig eingesetzte Sparmaßnahmen vermindert sich langfristig auch die öffentliche Schuldenquote. Generell gilt, dass es bei einer nachhaltigen Konsolidierung auch auf das richtige Tempo ankommt - Griechenland mit seinem radikalen Sparpaket ist ein negatives Beispiel und ein Schuldenschnitt hier perspektivisch unvermeidlich. Die Kernfrage im Hinblick auf die Abwehr einer weiteren Finanzkrise besteht indessen darin, ob es gelingt, einen neuen Kreditboom und damit spekulative Blasen wirksam zu verhindern. Im Ansatz sind die neuen Banken-Regelungen bereits darauf ausgerichtet. Im nächsten konjunkturellen Aufschwung kommt es nun darauf an, ob sie - gegebenenfalls in konkretisierter und verschärfter Form - auch greifen. Bis auf weiteres ist vor diesem Hintergrund die Finanzkrise noch lange nicht Geschichte.


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