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Negativrenditen, die neue Normalität

Normalerweise sind Negativrenditen eine absolute Ausnahmeerscheinung. Es gibt in der Historie nur wenige Beispiele, wo der Zins ins Minus rutschte. Doch derzeit scheint sich der Trend zu negativen Zinsen zu verstetigen.


Negativrenditen

Im Bereich der Staatsanleihen gehören Negativrenditen bereits länger zur Realität. Im kurz- bis mittelfristigen Bereich weisen Papiere aus Deutschland und einigen anderen Ländern negative Renditen auf. Nur bei längeren Laufzeiten ist die Rendite noch positiv. Bei den Bankeinlagen stellt eine negative Verzinsung zwar bisher die Ausnahme dar, doch auch hier nähern sich die Zinsen stark der Nulllinie an. Ein Minus erscheint zumindest nicht mehr ausgeschlossen. 

Die Ursachen für Negativrenditen

Wie kann es überhaupt zu Negativrenditen kommen? Die Konstellation erscheint paradox. Bei Zinssätzen unter Null zahlen Gläubiger Schuldnern etwas dafür, dass sie ihnen Geld leihen dürfen. Die Welt scheint damit auf den Kopf gestellt zu sein. Sieht man den Zins als Preis des Geldes an, leuchtet unmittelbar ein, dass eine solche Situation nur denkbar ist, wenn es ein starkes Überangebot an Geld gibt. Dies ist aber derzeit der Fall. Mit der fortgesetzten lockeren Geldpolitik der EZB und anderer Notenbanken werden ständig große Geldmengen auf den Markt gespült, ohne dass bisher zusätzliche Investitionen zu mehr Geldnachfrage geführt hätten.

Dass dann der Preis des Geldes sinkt, ist eine logische Folge der Marktmechanismen. Speziell bei Staatsanleihen sind Negativrenditen eine Konsequenz aus den geldpolitischen Zentralbank-Maßnahmen. Anleiheaufkaufprogramme, wie sie jüngst die EZB begonnen hat, erhöhen die Nachfrage nach Staatspapieren, die Kurse steigen und die Renditen sinken. Da bei den Zentralbank-Aktionen Rendite-Gesichtspunkte eine untergeordnete Rolle spielen, sind auch Negativrenditen möglich. Solange wichtige Notenbanken rund um den Globus sich einen Wettlauf um billiges Geld liefern, dürfte der geldpolitische Druck auf die Anleiherenditen anhalten. 

Ist das Geld unterm Kopfkissen nicht lohnender?

Andere Entwicklungen wirken in die gleiche Richtung. So sind Banken und Versicherungen aufgrund strengerer aufsichtsrechtlicher Regelungen gehalten, verstärkt sichere Papiere in ihre Portfolios aufzunehmen. Auch dies löst einen positiven Nachfrageimpuls bei Staatsanleihen aus. Ein weiterer Faktor ist die zunehmend alternde Gesellschaft, bei der pro Kopf mehr Sparkapital vorhanden ist als bei jüngeren und dynamisch wachsenden Gesellschaften. 

Wäre es für Sparer aber nicht lohnender, das Geld zu Hause zinslos unter dem Kopfkissen aufzubewahren, statt Negativrenditen in Kauf zu nehmen? Die Antwort lautet: im Prinzip ja, aber - unter dem Gesichtspunkt der Risikostreuung kann die Beibehaltung von Investments auch bei negativer Verzinsung sinnvoll sein, denn bei Erwartung von Deflation ist es möglich, dass auch nominale Negativrenditen eine reale Positivrendite durch Kursgewinne bieten. 


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