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Honorarberatung: Britische Berater profitieren vom Provisionsverbot

Im Gespräch über Honorarberatung erklärt Stewart Cazier, Managing Director Distribution für Henderson Global Investors, inwiefern es ein Glücksfall ist, dass in Großbritannien seit Jahresbeginn ein Provisionsverbot besteht.


Honorarberatung

Die ganze Honorarberatung in Europa blickt dieser Zeit nach Großbritannien. Seit Jahreswechsel gilt dort die „Retail Distribution Review“. Hauptanliegen des Gesetzes ist das Grundsatzverbot für Provisionszahlungen an Investmentgesellschaften und deren Finanzberater. Im Jahr 1995 haben die Regulierungsbehörden eine vollständige Transparenz der Kosten eingeführt. Jetzt ist der nächste Schritt erfolgt: Die Behörden in Ländern des übrigen Kontinents streben ähnliche Lösungen an. Steward Cazier zieht nach sechs Monaten unter der „Retail Distribution Review“ ein erstes Fazit.

RDR wirkte sich wie folgt auf die Beraterlandschaft in Großbritannien aus: Für jeden ist die gesunkene Anzahl der Berater sichtbar, weil jetzt nur noch Honorarberatung angeboten werden darf. Er glaube jedoch nicht daran, dass damit deutliche Auswirkungen auf das Geschäftsvolumen einhergegangen sind. Gründe dafür sieht Cazier darin, dass die verbliebenen Berater sich professionalisieren und ohnehin besser sind.

Honorarberatung kümmert sich mehr um die Bedürfnisse der Kunden

Um das genaue Vorgehen der Berater zu beleuchten, muss ein Blick auf den Beratermarkt der Vergangenheit geworfen werden, bei dem es viele Vermögensberater gegeben hat, die für ihre Kunden Portfolios zusammengestellt haben und es damit übernommen haben, die Anlageentscheidung zu treffen. Das Retail Distribution Review-Gesetz brachte sie jedoch dazu, ihre Tätigkeit als ein Geschäft aufzufassen. Einerseits begannen sie zu analysieren, bei welchem Kunde es lohnenswert ist, ihn zu besuchen, und bei welchem das nicht sinnvoll ist. Immerhin sei der Finanzberater auch ein Verkäufer.

Hat ein Kunde zu wenig Geld, ist der Aufwand nicht gerechtfertigt. Als Zweites stellten sie die Zusammenstellung und Auswahl ihrer Portfolios auf den Prüfstand, und damit sozusagen ihr gesamtes vorhergehendes Geschäftsmodell. Viele Honorarberater kommen dabei zu der Schlussfolgerung, dass dieses Vorgehen zu viel Zeit in Anspruch nimmt, wodurch sie gehindert werden, Kunden zu besuchen und eine Finanzplanung zu erstellen, was ja die eigentliche Aufgabe der Honorarberatung darstellt. Darüber hinaus ist es ein großes Risiko für sie, selbst Investmentfonds auszuwählen. Grundsätzlich betrachtet, wurde die Segmentierung auf vermögendere Kunden verstärkt.

Die Honorarberatung ermöglicht eigenständige Anpassungen der Berater-Einnahmen

Das in der RDR aufgeführte Provisionsverbot wirkte sich insofern auf die Einkünfte der Honorarberater aus, als dass sie gestiegen sind, weil sie höhere Gebühren einnehmen als die Investmentgesellschaften ihnen durch Provisionen zukommen ließen. Für die Honorarberatung in Großbritannien gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten: Nur in den seltensten Fällen überreichen sie den Kunden eine Rechnung. Sehr viel häufiger erhalten die Berater nämlich weiterhin eine Provision. Der Unterschied zum bisherigen Verfahren liegt darin, dass der Kunde diesem „Advisory Charge“ genannten Vorgehen selbst schriftlich zustimmen muss.

Das versetzt den Honorarberater in die Lage, selbst entscheiden zu können, wie hoch er seine Gebühr oder Provision ansetzen möchte. Bis zum letzten Jahr zahlten die Asset Manager eine Provision an die Berater aus, die bei 0,5 Prozent lag. Nun gibt es keine gesetzte Höchstgrenze mehr. Das Vorgehen, bei dem sich der Berater eine höhere Vergütung zuteilt, funktioniert, denn der Kunde muss ohnehin viele Papiere lesen und eine Menge Formulare unterzeichnen, während er gleichzeitig nicht sonderlich an den Kosten interessiert ist. Das RDR gab die Kostenkontrolle also in die Hände der Honorarberatung und beließ sie nicht in bei den Investmentgesellschaften

Wie hoch die „Advisory Charges“ schlussendlich für den Honorarberater sind, kann er selbst entscheiden. Dabei existieren jährliche Gebühren, die in der Regel bei mindestens einem Prozent liegen. Außerdem gibt es Gebühren, die anfallen, sobald ein Fonds verkauft wird, nämlich die „initial facilitated advisory charges“ und darüber hinaus die „ongoing charges“. Das läuft technisch so ab, dass das Geld an den Berater gezahlt wird, nachdem es von der Fondsplattform auf ein Konto überwiesen wurde, das auch die Gebühren berechnet. In der Honorarberatung ist es jedoch auch möglich, ein Stundenhonorar zu berechnen.

Produktvorschläge kommen häufig nicht von der Honorarberatung direkt

Obwohl in der Honorarberatung keine Portfolios mehr erstellt werden, erhalten die Kunden dennoch Produktvorschläge, weil die Fondsauswahl entweder an einen Fund-Selector oder Fund-Elevator ausgelagert wird, der schließlich die Asset-Alllocation-Modelle ausgibt und ein Musterportfolio zusammenstellt. Dadurch entledigt sich das Geschäft Honorarberatung sowohl der Arbeit als auch dem Risiko eines zu geringen Preises. Andere Möglichkeiten bestehen auch, nach denen sich der Honorarberater beispielsweise mit einem Vermögensverwaltung zusammentut und von ihm Portfolio-Modelle übernimmt. Dabei kommt noch eine Forderung des Gesetzgebers hinzu, die den Vermögensberater dazu anhält, einen Weg zu finden, mit dem es ihm gelingt, seine Kunden im Hinblick auf ihre Anlagewünsche richtig zu kategorisieren oder einzuschätzen. Aus diesem Grund interessiert man sich in der Honorarberatung auch sehr viel mehr für den Lebensstil, die Risikoneigung und die Rentenerwartung des Kunden, was mithilfe entsprechender Fragebögen erörtert wird.

Neues Gesetz ‚Retail Distribution Review‘ kann für die Honorarberatung als positiv gelten

Insgesamt kann RDR deshalb für die Honorarberatung als ein Fortschritt angesehen werden, sofern die Berater die gebotene Gelegenheit auch nutzen und ihr Geschäftsmodell passend ausrichten. Jeder Vermögensberater hat, wenn er die Honorarberatung nutzt, die Chance, Finanzprodukte selbst auszuwählen und Gebühren ebenso unabhängig festzusetzen. Doch es gibt auch negative Dinge für die Honorarberatung im Angesicht von RDR: Banken zogen sich aus den Beratungsgeschäften mit weniger wohlhabenden Kunden zurück. Der offizielle Grund dafür besagt, dass jene nicht dafür bereit seien, einen Satz von 700 Pfund pro Stunde zu zahlen. Früher ist über Provisionen abgerechnet worden und angesichts dessen hatte kein Anleger mit den versteckten Kosten Probleme.

Honorarberatung kann auch auf weniger Vermögende abgestimmt werden

Natürlich fragt man sich, was diese Kunden jetzt machen und ob die Honorarberatung auch Services für weniger Vermögende anbietet. In der Tat gibt es viele Formen von persönlicher und indirekter und damit auch kostengünstiger Beratung. Beispielsweise kann die Honorarberatung auch dazu dienen, weniger vermögenden Menschen einen Finanzplan für ihre Altersvorsorge aufzustellen: Im Grunde wird dabei eine Anleitung kreiert, die besagt, was der Kunde jedes Jahr zu tun hat. Anschließend kann er die Webseite des Beraters aufsuchen und wird von dort aus weiter zu einer Fondsplattform verlinkt, wo er die Produkte kaufen kann. Eine kleine Gebühr entfällt dabei an den Honorarberater. Stehen Änderungen des Plans an, wird ein weiteres Treffen vereinbart. Verfügt ein Kunde jedoch etwa über eine halbe Million Pfund, sind jährliche Besuche nicht ausgeschlossen.

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