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Flugantritt verhindert und dann? (2)

Vom Gründungszeitpunkt an befindet sich Flightright im Streit mit den Fluggesellschaften. Obwohl das weitgehend vor Gericht stattfindet, gibt es auch Scharmützel, die hinter den Kulissen ausgetragen werden. Zwischenzeitlich litt das Unternehmen darunter, dass es die Lizenz für die verwendete Flugdatenbank verloren hatte.


Flugantritt verhindert und dann? (2)

Ohne diese Datenbank wurde dem Entschädigungsrechner temporär die Grundlage entzogen. Obendrein kamen die Seitenbetreiber anfangs nicht umhin, jeden einzelnen Fall vor Gericht verhandeln zu lassen. Bislang ist etwa 3 500 Mal Klage seitens Flightright erhoben worden. Die Gründungsphase war also insgesamt von starkem Widerstand geprägt.

So gäbe es Fluglinien, die bis heute nicht mit dem Unternehmen reden würden – und auf der anderen Seite Tatsachen bestreiten. Aber es gibt auch kooperative Airlines, von denen auf der Stelle Ansprüche in gesetzlicher Höhe erstattet werden.

Air Berlin sieht sich als ein Unternehmen, das im Falle von Beschwerden immer EU-konform handelt und der Verbraucherschutz ein sehr wichtiges Thema ist. Mit Verbraucherschutz solle kein Geschäftsmodell auf Provisionsbasis betrieben werden. In einigen Fällen – so die Fluggesellschaft – würden sich die Fluggäste direkt an derlei  Agenturen wenden, was nach ihrem Verständnis die Fluggastrechte-Verordnung eben nicht bezweckt hatte.  Dennoch sei das Unternehm in einem ständigen Dialog mit Flightright – was Kadelbach und seine Mitarbeiter bestreiten. Die Airline Condor vertritt den Grundsatz, ihren Kunden einen guten Service zu bieten. So könnten sich Geschäftsmodelle wie Flightright erst gar nicht entwickeln.

Doch – ganz offensichtlich: Es gab genug Unzufriedene, denn das Geschäftsmodell hat sich entwickelt. Genauso wie EU Claim oder Fairplane, die nach demselben Prinzip funktionieren. Die Arbeit der Portale hat durch ein erneuertes Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) deutlichen Rückenwind bekommen. Die Anzahl der Klagen, die erhoben werden mussten, sind  seitdem stark rückläufig. Das Urteil verlieh somit einer Entscheidung des EuGH Nachdruck, die schon 2009 ganz ähnlich getroffen wurde: Jeder Fluggast in der EU muss in einer Höhe von bis zu  600 Euro entschädigt werden, falls sein Flug sich um mehr als drei Stunden verspätet oder komplett ausfällt. Wird das Beispiel einer vierköpfigen Familie herangezogen, entsteht schnell ein vierstelliger Betrag.

Flightright’s Geschäftsmodell sieht vor, Geld nur im Erfolgsfall zu erhalten. Deshalb kamen die Gründer nicht umhin, alle Prozesskosten über einen langen Zeitraum aus eigener – privater – Tasche vorzufinanzieren. Diese Phase ging mit den Einstiegen des Frühphasenfonds Brandenburg und einer IT-Firma vorüber. Das Projekt hat sich seit 2011 stark professionalisiert: Angestellte, Marketing und ein Büro gehören dazu. Das Portal macht Gewinn und ist deshalb gewachsen. Laut Kadelbach werden mittlerweile 18 Mitarbeiter beschäftigt.

Insgesamt sind Rechtsvorschriften dank der Entscheidungen des EuGH immer verbraucherfreundlicher geworden. So könne ein Urteil als Meilenstein gelten, wonach auch technische Defekte nicht vom Verantwortungsbereich der Fluggesellschaften ausgeschlossen sind. In der vorigen Zeit waren „technische Probleme“ eine gängige Ausrede der Fluggesellschaften, damit sie um die Zahlung herumkamen. Heute gelten ein plötzlicher Wintereinbruch und die daraus resultierenden Probleme immer noch als typischer Streitfall.

Es gibt grundsätzlich Geld, wenn die Verspätung länger als drei Stunden dauert und keine außergewöhnlichen Umstände identifiziert werden können. Dabei ist die Länge der geflogenen – oder eben nicht geflogenen – Strecke unerheblich. Wird ein Flug annulliert und beträgt die Strecke 1500 Kilometer oder weniger, erwächst ein Anspruch auf Entschädigung bereits nach zwei Stunden Verspätung. Darüber existiert keine gesetzliche Regelung. Die Festschreibung erfolgte nur durch die EuGH-Rechtssprechung.

Im Durchschnitt bekommt ein Fall über Flightright 560 Euro erstattet. Damit ist jedoch nicht die Entschädigung pro Person gemeint, weil viele Fälle sich auf mehrere gemeinsam Reisende beziehen. Mittlerweile befinde sich der Widerstand der Airlines auf dem Rückzug oder sei schon ganz gebrochen. Der Grund ist klar, weil eine Klage die Airline doppelt so viel Geld kosten würde, als wenn sie die Kunden einfach so entschädigen. Und das Unternehmen steht vor der Expansion: Nachdem bereits skandinavische Länder  den Service begonnen haben zu nutzen, wird er auch auf Italien, Spanien, England und Frankreich ausgeweitet werden.  (LB/BHB) 


 
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