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Rechtsberatung über das Internet

Die Beratung bei einer Kanzlei ist teuer. Wie tauglich die Alternativen aus dem Internet wirklich sind und ob die Ratschläge tatsächlich von Fachleuten gegeben werden, klären wir hier.


Rechtsberatung über das Internet

Als eine Radfahrerin von einem vorbeifahrenden Auto gestreift wird, fällt sie, wobei sie sich einen Wirbel bricht. Daraufhin behauptet der Autofahrer, dass die Frau schuld sei, weswegen seine Versicherung nicht zahlt. Es gibt keine Zeugen. In der Folge soll mithilfe von Rechtsportalen geklärt werden, ob der Frau Schmerzensgeld und Schadenersatz-Zahlungen zustehen.

Die erste Adresse ist allerdings Hans-Jürgen Gebhardt. Er ist Fachanwalt im Bereich des Verkehrsrechts und gehört zu den renommiertesten Verkehrsexperten hierzulande. Für ihn lässt der Sachverhalt keinen Deutungsspielraum. Die Rechtslage ist insofern eindeutig, als dass Autofahrer immer haften, wenn sie einen Radfahrer anfahren. Dabei ist es unerheblich, wer den Unfall verschuldet hat. Der Autofahrer ist nur aus dem Schneider, wenn er beweisen kann, dass der Radfahrer der alleinige Träger der Unfallschuld ist.

Frag-einen-anwalt.de soll die erste Anlaufstelle sein. Die Stiftung Warentest zeichnete das Portal 2008 aus. Außerdem wird der Fall bei anwalt-onlineservice.de und e-juristen.de geschildert.

Zunächst stellt der Ratsuchende seine Frage. Das ist kostenlos. Dann entscheidet er, welchen Preis er zahlen möchte, damit ihm die Frage beantwortet wird. Bei anwalt-onlineservice.de und frag-einen-anwalt.de muss ein Mindestbetrag von 20 Euro gezahlt werden. Ist der Preisvorschlag in den Augen eines Anwalts angemessen, sendet er seine Antwort an den Fragenden zurück. Bei e-juristen.de verläuft die Sache umgekehrt, weil hier der Anwalt einen Preisvorschlag unterbreitet. Den Rechtsrat erhält der Ratsuchende erst, wenn er den Preis des Anwalts akzeptiert, wobei die Preisspanne relativ groß ist. In unserem Beispielfall liegt das günstigste Angebot bei 30 Euro und das teuerste bei 66 Euro.

Bei e-juristen.de ist der Rat am teuersten und braucht ganze acht Tage, bis er bei dem Fragesteller eintrifft, und das, obwohl der Fall aus deren Sicht unkompliziert sei. Der Antwortinhalt ist hier unbrauchbar und falsch, denn e-juristen.de identifiziert ein Problem, da es keine Zeugen gäbe. Darüber hinaus empfiehlt das Portal einen Gutachter, der einerseits unnötigerweise Kosten entstehen lässt und andererseits falsch ist, weil ein Radfahrer auch keine Zeugen braucht, um einen Rechtsanspruch auf Schadenersatz zu haben.

Anwalt-online.de antwortet schon nach drei Tagen mit der Aussage, dass die Radfahrerin das Fehlverhalten des Unfallgegners beweisen müsse. Rechtsexperte Gebhardt attestiert dem beratenden Anwalt ein fehlendes Grundwissen im Verkehrsrecht.

Weitaus schneller und richtiger beantwortet das Portal frag-einen-anwalt.de den Sachverhalt. Nach nur 45 Minuten weiß der Fragesteller: Wenn die Haftpflichtversicherung des Autofahrers dessen Unschuld beteuert, muss sie diese Behauptung auch beweisen können. Damit trifft die Antwort den Kern der Angelegenheit und ist genau richtig, weil erkannt worden ist, dass die Radfahrerin keine Beweise ins Feld führen muss, um Verdienstausfall und Schmerzensgeld beanspruchen zu können.

Eine zweite Testfrage bezieht sich auf das Mietrecht und ist relativ simpel mit einem längst ausgesprochenen Urteil des Bundesgerichtshofs zu beantworten. Zwei der Rechtsportale haben darauf richtig geantwortet, während das Dritte die Frage unbeantwortet ließ. Gebhardt führt dieses etwas bessere Testergebnis darauf zurück, dass das Mietrecht weniger komplex als beispielsweise das Verkehrsrecht sei. Der Sinn solcher Portale sei es demnach, sich über sehr einfache Sachverhalte klar zu werden. Geraten die Sachverhalte komplizierter, wird der Weg zum persönlichen Treffen mit einem Anwalt unumgänglich.

Die hier gestellten Fragen fallen in den Bereich der „Erstberatung“ und werden von zugelassenen Anwälten beantwortet. Deshalb trägt die Rechtschutzversicherung normalerweise die Kosten dafür. Verbrauchern ist dennoch anzuraten, vorher den Versicherer zu fragen, ob sie so etwas abdecken. Manche Rechtschutzversicherer führen aber auch selbst Rechtsberatungen im Internet durch. (LB/BHB)


 
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