Das Risiko und der Zusammenhang zur Rendite

Im letzten Teil der Serie haben wir mit dem Erwartungswert eine Größe für die Rendite gefunden. Nun wollen wir uns dem Begriff des „Risikos“ nähern.


Rendite

Im letzten Teil haben wir gesehen, dass in unserem Beispiel mit einer Geldanlage in die Anlage A im Schnitt eine Rendite von 4,1% p.a. zu erzielen ist. Doch die erheblichen Schwankungen von Jahr zu Jahr bei der Rendite der Aktie stellen ein gewisses Risiko dar.

Mit dem Begriff Risiko bezeichnet man daher die Unsicherheit, mit der die erwarteten Renditen auch wirklich eintreten. Je stärker das Risiko einer Anlageform ist, um so stärker schwankt die Wertentwicklung im Zeitverlauf. Das Instrument, um diese Unregelmäßigkeit oder Flatterhaftigkeit der Renditeentwicklungen zu messen, ist die sogenannte Volatilität. Zur Berechnung der Volatilität bedienen wir uns des mathematischen Konzepts der Standardabweichung, die mit dem griechischen Buchstaben σ (Sigma) bezeichnet wird.

Die Standardabweichung misst, wie stark die einzelnen Renditen der Perioden um den Mittelwert (Erwartungswert) schwanken. Je größer diese Schwankungsbreite ist, desto volatiler und damit risikoreicher ist eine Anlage.

Betrachten wir hierzu unser Beispiel mit der Anlage A:

 

Anlage A

 

Kurs Jahresbeginn

Kurs Jahresende

Rendite

2008

72 €

74 €

2,8%

2009

74 €

76 €

2,7%

2010

76 €

86 €

13,2%

2011

86 €

84 €

-2,3%

 

Den Mittelwert bzw. Erwartungswert der Renditen der Jahre 2008 -2011 hatten wir bereits mit 4,1% errechnet. Somit erhalten wir für die Standardabweichung der Anlage A: 

Das heißt, die zu erwartende jahresbezogene Standardabweichung der Anlage A von Ihrem Erwartungswert 4,1% beträgt 5,6%.

In diesem Fall der Jahresbetrachtung entspricht die Standardabweichung der Volatilität. Was aber bedeutet diese Größe für den Anleger? Es ist wenig befriedigend, sich mit der banalen Aussage zu begnügen, dass das Risiko einer Anlage um so höher ist, je höher die Volatilität ist.

Hier hilft uns die Wahrscheinlichkeitstheorie. Nach der sogenannten Zwei-Drittel-Regel liegen zwei Drittel aller Renditen in dem Bereich zwischen dem Erwartungswert abzüglich der Volatilität und dem Erwartungswert zuzüglich der Volatilität, d.h. im  Intervall [μ−σ ; μ+σ].

Weiterhin liegen die zu erwartenden Renditen mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% im Intervall [μ−2σ ; μ+2σ] und mit sogar 99%iger Wahrscheinlichkeit im Intervall [μ−3σ ; μ+3σ].

 

Für unsere Anlage A heißt dies z.B., 

dass mit 95%iger Wahrscheinlichkeit die Jahresrendite 

nie geringer als -7,1% aber auch mit gleicher Wahrscheinlichkeit 

nicht höher als 15,3% sein wird.

Mit diesen Wahrscheinlichkeiten kann sich der Anleger nun schon ein etwas genaueres Bild vom Risiko der betrachteten Anlage machen. 

Rendite und Risiko im Zusammenhang

Jetzt haben zwei wichtige Größen betrachtet und wollen uns anschauen, wie sich das Risiko eines gesamten Wertpapierdepots berechnet und welche Einflussfaktoren hier gelten. 

Betrachten wir hierzu noch einmal die Jahresschlusskurse unserer drei Anlagen:

 

Anlage A

Anlage B

Anlage C

2007

72 €

44 €

20 €

2008

74 €

54 €

24 €

2009

76 €

50 €

30 €

2010

86 €

55 €

28 €

2011

84 €

60 €

32 €

 

Berechnen wir hierzu die Jahresrenditen, den dazugehörigen Mittelwert und die Volatilitäten, so erhalten wir: 

 

A

B

C

2008

2,8%

22,7%

20,0%

2009

2,7%

-7,4%

25,0%

2010

13,2%

10,0%

-6,7%

2011

-2,3%

9,1%

14,3%

m

4,1%

8,6%

13,2%

s

5,6%

10,7%

12,1%

 

Wir sehen: Die Anlage C erzielt zwar mit Abstand den höchsten Erwartungswert bei der Jahresrendite, birgt aber auch ein relativ hohes Risiko. Die Anlage A erreicht zwar nur den geringsten Erwartungswert bei den Renditen, weist jedoch die absolut niedrigste Volatilität auf.  

Die Ertragschancen und Risiken verschiedener Anlagen können sehr übersichtlich in einer Grafik dargestellt werden. Auf der horizontalen X-Achse wird die Volatilität als Maß für das Risiko einer Anlage abgetragen, auf der Y-Achse (vertikal) der Erwartungswert für die Rendite. Damit ist es möglich, die Rendite-Risiko-Eigenschaften jeder Anlage als Punkt zu umreißen. 

 

                  

Je weiter rechts eine Anlage im μ−σ-Diagramm positioniert ist, desto höher ist ihr Risiko, und je weiter oben sie liegt, desto höher ist die erwartete Rendite.

 

Exkurs

Dass dies nicht nur eine theoretische Abhandlung mit hypothetischen Kurvenverläufen ist, sehen Sie an folgendem Diagramm:

Quelle: FVBS

Hier habe ich vier oft verwendete Indizes in ein Rendite-Risiko-Diagramm eingetragen. Der DAX spiegelt in einem Index die Wertentwicklung der 30 größten Aktiengesellschaften wider, der MSCI World enthält etwa 1.600 Werte aus 24 Ländern (vor allem entwickelte Märkte). Letzterer hat bei einer geringeren Volatilität auch einen geringeren Ertrag.

Mit dem MSCI Emerging Markets werden Aktien der „aufkommenden und aufstrebenden Märkte“ erfasst. Diese finden sich in sogenannten Schwellenländern oder Ländern der zweiten Welt (wie Russland, China, Indien, Bulgarien, Brasilien, Südkorea, Taiwan, Südafrika usw.). 

Dieser Index weist in dem betrachteten Zeitraum bei einer minimal geringeren Volatilität eine deutlich höhere Rendite auf als der DAX.

Zu guter Letzt haben wir mit dem REX einen Rentenindex, der die Wertentwicklung von deutschen Anleihen misst. Berechnet wird der REX aus 30 Anleihen mit ganzjährigen Laufzeiten von einem Jahr bis zehn Jahren.

Wie zu erwarten, hat dieser eine deutlich geringere Schwankungsbreite als die Aktienindizes – bei einer in diesem Zeitraum sogar höheren Rendite als beim MSCI World.

Exkurs Ende

Kann der Anleger nun schon alleine aufgrund dieses Ergebnisses eine eindeutige Entscheidung treffen. Soll er als vorsichtiger Anleger alleine die Anlage A kaufen, oder als risikofreudiger Anleger die Anlage C? 

Nehmen wir nun einmal an, es existieren 4 Portfolios (Depots), die wie folgt zusammengesetzt sind: 

Je zur Hälfte aus Anlage A- und B 

Je zur Hälfte aus Anlage A- und C 

Je zur Hälfte aus Anlage B- und C 

Je zu einem Drittel aus Anlage A-, B- und C 

Die entsprechenden Werte dieser Depots tragen wir nun ebenfalls im μ−σ-Diagramm ab: 

                     

Das Ergebnis dieser sehr vereinfachten ersten Diversifikation ist bereits überzeugend: Die Depotrendite entspricht jeweils dem gewogenen arithmetischen Mittel der in ihm enthaltenen Werte. 

Die Volatilität der Depots ist aber niedriger als das gewogene arithmetische Mittel der Einzelvolatilitäten. Die gemischten Depots sind im Diagramm fast alle viel weiter links als die einzelnen Anlagen – und damit im Bereich des geringeren Risikos.

In manchen Fällen ist diese "zusammengesetzte" Volatilität sogar deutlich geringer als die niedrigste Volatilität des darin enthaltenen Einzelwerts. Dieses Phänomen wird oft auch als "Risikovernichtung durch Diversifikation" oder "Hinwegdiversifizieren von Risiko" bezeichnet.

Damit ist die eingangs gestellte Frage, ob der Anleger sein ganzes Geld in eine Anlage investieren sollte, beantwortet. Durch die Mischung verschiedener Anlagen kann er sein Risiko sehr stark vermindern, ohne in gleichem Maße auf Ertragschancen verzichten zu müssen. Er wird daher ein gemischtes Depot bevorzugen.

Mit der mathematischen Erklärung dieses Phänomens beschäftigen wir uns im nächsten Teil dieser Serie.

 

Die durchdachte Zusammenstellung eines risikoeffizienten Depots (1)

Der Begriff der Rendite in der Portfoliotheorie (2)

Das Risiko und der Zusammenhang zur Rendite (3)

Die Mischung reduziert das Risiko: Diversifikation (4)


Dieser Text ist vom Autor freigegeben worden. Er trägt daher die alleinige inhaltliche und presserechtliche Verantwortung. Eine Haftung anderer Personen/Institutionen ist ausgeschlossen.

  

 

 

 

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