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Kein Schildbürgerstreich- Der Schwaben-Soli kommt

Um zwei Milliarden Euro wird Stuttgart 21 erneut teurer. Die Frage: Wer soll das bezahlen?


Kein Schildbürgerstreich- Der Schwaben-Soli kommt

In Deutschland wird ein neuer Soli in Höhe von 25 Euro eingeführt. Mit diesem Betrag sollen die Bundesbürger die Rettung von Stuttgart 21 unterstützen. Der sogenannte Schwaben-Soli soll insgesamt zwei Milliarden Euro einbringen, denn um diesen Betrag wird das umstrittenste Bahnhofsprojekt Deutschland erneut teurer. Auch wenn 25 Euro auf den ersten Blick keine Unsumme zu sein scheint, ist es auf den zweiten Blick doch ein Skandal.

Der Aufsichtsrat der Bahn hatte erst vor Kurzem für den Weiterbau des Bahnhofs gestimmt. Von den Kontrolleuren wurde der Finanzierungsrahmen auf 6,5 Milliarden Euro erhöht, dieser Betrag übersteigt die von Bahnchef Rüdiger Grube als Sollbruchstelle bezeichnete Summe um zwei Milliarden Euro. Oberhalb der „Sollbruchstelle“ rechnet sich der gesamte Projekt Stuttgart 21 nicht mehr. Jedoch ist es jetzt amtlich, dass das Projekt gut 30 Prozent teurer wird, somit zu 100 Prozent unwirtschaftlich ist. Aber das ist schon lange nicht mehr ausschlaggebend. Von Interesse ist nun noch, woher das Geld kommen wird.

Jeder reicht den Schwarzen Peter weiter. Die Bahn sagt, die Stadt und das Land sollen zahlen. Die Stadt und das Land sagen schlicht und einfach Nein. Es scheint eine unumstößliche Tatsache zu sein, zahlen werden die Bundesbürger. Dabei ist es auch absolut unerheblich, ob der einzelne Bürger jemals in den Nutzen des Bahnhofs kommen wird. Jeder wird zahlen müssen und das ist ein Skandal. 

Wenn nötig muss das Gericht entscheiden

Ein Spiel auf Zeit ist es, was die Bahn aktuell betreibt. Sie schafft durch den Weiterbau Fakten und will zeitgleich die zusätzlichen Kosten auf die Partner abwälzen. Nach Ansicht von Bahnchef Grube sollte die Verteilung wie folgt aussehen: Die Bahn wird 800 Millionen übernehmen, die noch verbleibenden 1,2 Milliarden sollen die Partner tragen. Die Partner, in diesem Fall die Stadt und das Land weigern sich jedoch, auch nur einen Cent zu zahlen. Nun will die Bahn vor Gericht gehen.

Der Druck auf das Land wird vom Bund, als Eigentümer der Bahn, noch verschärft. Von Fahrpreiserhöhungen sprach Verkehrsminister Ramsauer. Gegenüber der Bild-Zeitung sagte Ramsauer, dass es nicht sein dürfe, dass sich die Fahrpreise erhöhen, nur weil ein einzelnes Land sich nicht seiner Verantwortung stellen wolle. Die Antwort vonseiten des baden-württembergischen Ministerpräsidenten lies nicht lange auf sich warten. Winfried Kretschmann bezeichnete Ramsauers Verhalten als dreist und wies darauf hin, sollte sich der Fahrpreise erhöhen, dann handele es sich um einen Ramsauer-Zuschlag.

Einer Klage sieht das Land mit Gelassenheit entgegen. Heißt es doch in der Sprechklausel des Finanzierungsvertrages, dass die Eisenbahninfrastrukturunternehmen und das Land im Falle einer Kostensteigerung die Gespräche aufnehmen werden. Für das Land ist klar, reden ist nicht gleichzusetzen mit zahlen. Die Bahn sieht dies jedoch anders, die ohnehin frühestens in drei Jahren Klage einreichen will.

Sollten die Kosten von der Bahn getragen werden müssen, werden die Gelder beim Schuldenabbau fehlen. Immerhin beläuft sich der Schuldenberg der Bahn auf rund 17 Milliarden Euro. Die Abtragungen der Schulden wurden für den Bau von Stuttgart 21 reduziert, was wiederum bedeutet, dass der Schuldenberg weiter anwächst. Als Staatsunternehmen hat es die Bahn relativ leicht, günstig an frisches Kapital zu kommen; doch irgendwann wird der Punkt erreicht sein, an dem auch die Bahn sparen muss. Hier gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder muss die Bahn ihre Ausgaben reduzieren oder ihre Einnahmen erhöhen. Als dritte Möglichkeit bliebe noch, beides zu tun.

Der grüne Verkehrspolitiker Anton Hofreiter ist sich sicher, dass die Fahrpreise mittelfristig steigen werden. Darüber hinaus geht Hofreiter davon aus, dass die Bahn im Rahmen der Pflege des Schienennetzes sparen wird, um die Kosten für Stuttgart 21 wieder reinholen zu können. Bereits jetzt sind die Gleise verschlissen, fällt der Putz von den Bahnhofshallen und Eisenbahnbrücken verfallen. Als Kunde der Bahn darf man also künftig nicht nur mehr bezahlen, sondern die Gegenleistungen werden auch immer schlechter. Diese Zustände werden vonseiten der Bahn natürlich bestritten. Eine Kanibalisierung der Investitionen soll es nicht geben, ebenso soll auch die Dividendenzahlung an den Bund in Höhe von 500 Millionen Euro unangetastet bleiben.

Abwegig an diesem Szenario ist nur, das gerade ein marodes Netz die Bahn dabei unterstützen könnte, doch noch mehr finanzielle Mittel vom Bund zu erhalten. Gleise und Bahnhöfe werden mit jährlich gut vier Milliarden Euro bezuschusst. Somit zahlt der Bürger nicht nur als Kunde der Bahn, sondern auch als Steuerzahler. Rund 25 Euro je Bundesbürger. (DR/BHB)


 
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