Onlinehandel: Chinas Alibaba geht an die Börse

Alibaba, wer ist das denn? Bis vor kurzem noch war der chinesische Online-Händler im Westen so gut wie unbekannt. Doch jetzt kündigt das 150 Milliarden schwere Unternehmen seinen Börsengang an. Nicht nur in Deutschland fragt man sich, ob dabei alles seine Richtigkeit hat.


Onlinehandel: Chinas Alibaba geht an die Börse

Tabao: Onlinehandel in China

Der chinesische Internet-Onlinehandel Taobao hat einfach alles, von Lebensmitteln über Kleidung bis zu Baumarktware. Mit 370 Millionen Nutzern ist Taobao eines der zehn beliebtesten Webangebote weltweit, 70 Prozent der Postsendungen enthalten Waren des Online-Händlers. Taobao gehört zu Alibaba, das 600 Millionen Nutzer hat und zahlreiche Online-Marktplätze betreibt - und seinen Gang an die New Yorker Börse ankündigt. Für zehn Prozent der Aktien erwartet sich Alibaba die für chinesische Unternehmen bislang einmalige Summe von 15 Milliarden Dollar. Mit 150 Milliarden wäre der E-Commerce-Konzern damit das Doppelte von Ebay wert und könnte Amazon fast das Wasser reichen. Hinter Alibaba und Taobao steckt der Englischlehrers Ma Yun (48), der im Rahmen seiner Tätigkeit für das Außenhandelsministerium 1998 Yahoo-Mitgründer Jerry Yang traf. Ein Kontakt, der beide zu Geschäftsfreunden machte. Ma Yun erstellte Websites für chinesische Unternehmen - und gründet Alibaba 1999 vom Home-Office aus.

Jangtse-Krokodil: Gespür für chinesische Eigenarten

Inzwischen haben es Alibaba und Ma Yun sogar in eine Fallstudie der Harvard Business School geschafft, die Energie und Charisma des ehrgeizigen Gründers lobend vermerkt. Bereits 2003 investierte Ma seine Gewinne in die Tochter Taobao - und drückte damit Ebay innerhalb von vier Jahren auf einen Marktanteil von acht Prozent herunter, während man selbst 50 Prozent abdeckte. Ma bezeichnet Ebay als Hai im Meer, aber sich als Jangtse-Krokodil, das seinen siegreichen Kampf im Fluss austrägt. Aber was macht Taobao "im Fluss China" so erfolgreich? Während Amazon wie ein Großhändler und mit Eigenmarken am Markt auftritt und Ebay sich aus einem Auktionshaus entwickelte, verkauften auf Taobao von Anfang an selbstständige Verkäufer Festpreisprodukte. Dazu hat Taobao ein Gespür für die typisch chinesische Sparsamkeit und das Misstrauen seiner Landleute Fremden gegenüber. Das eigene Zahlungssystem Alipay wirbt für Vertrauen: Bis zur Lieferung parkt der Zahlbetrag auf einem Treuhandkonto. Außerdem müssen Taobao-Verkäufer keine Provision abführen, weil sich Taobao über Onlinewerbung und kostenpflichtige Web-Dienstleistungen finanziert: 2,2 Milliarden Gewinn sprechen für sich.

Weltwirtschaft im Umbruch?

Alibaba, das 25.000 Mitarbeiter beschäftigt und 80 Prozent im chinesischen Onlinehandel bestreitet, unterhält neben Taobao auch TMall mit Markenartikeln für gehobene Klientel und Alibaba selbst, eine B2B-Plattform für den Kontakt zwischen Mittelständlern und Großabnehmern. Grund für die Unternehmensberatung KPMG, dem Konzern bis 2020 einen größeren Umsatz als in den USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Japan insgesamt vorherzusagen. Überhaupt hat sich China von der Billig-Produktionsstätte für Kopien westlicher Produkte zum Partner auf Augenhöhe gemausert, wie auch zahlreiche chinesische Patentanmeldungen, etwa im Bereich Hochtechnologie, beweisen. So rechnen chinesische Analysten bei erfolgreichem Börsengang mit wachsendem Interesse an Technologie-Aktien aus China. Dennoch wirken die Umsätze von 4,9 Milliarden Dollar in den ersten drei Quartalen von 2013, verglichen mit Amazon von gut 75 Milliarden Dollar, bescheiden. Aber anders als Amazon weist Alibaba das Gros seiner Onlinehandel-Geschäfte nicht als Umsatz aus, denn der Handel selbst ist dort kostenlos. Nach reinem Warenwert hat Alibaba (240 Milliarden) Amazon (200 Milliarden) 2013 jedoch schon überholt.

Dynamisches Internetumfeld: Flexibel reagieren

Was kommt nach dem Börsengang? Ma hat große Pläne: Eine Infrastruktur soll Verbraucher 24 Stunden in jedem Lebensbereich versorgen. Anders als westliche Online-Firmen fokussiert Alibaba nicht nur einzelne, sondern viele Märkte. Und investiert dazu in Navigationsunternehmen und Kurznachrichtendienste. Schnell mit der Alibaba App Essen bestellen, während der bei Taobao gebuchte Sprachkurs läuft - und zwischendurch mit der Suchmaschine Etao Artikel von Online-Händlern vergleichen. Eine Vielfalt, die skeptisch macht: Bricht im Management nach dem Rückzug von Ma Yun aus dem Tagesgeschäft das Chaos aus? Wohl kaum, denn Alibaba spaltet sich fortlaufend in neue Sparten auf - und reagiert damit maximal flexibel auf das dynamische Internetumfeld. So baut der Konzern unter anderem einen chinaweiten Finanzdienstleister auf, der die 80 Prozent der Chinesen versorgen will, den die Staatsbanken vernachlässigen. Über AliFinance können Chinesen sowohl ihre Stromrechnung bezahlen als auch Kredite aufnehmen oder eine digitale Kreditkarte nutzen. Gut für Alibaba, das so Zugang zu lückenlosen Daten seiner Nutzer erhält - nicht zuletzt, um deren Kreditwürdigkeit einzuschätzen.

Ma: China als freierer Ort

Sprühender Unternehmergeist, der fast vergessen lässt, dass man es mit einem autoritären Regime zu tun hat: Chinas Zentralbank hat bereits versucht, die neue Konkurrenz mit Verboten auszubremsen. Chinas Führung erreichte, dass Yahoo sein chinesisches Internetgeschäft 2005 aufgab - und sich dafür an Alibaba beteiligte, weil diese die Weitergabe privater E-Mail-Daten verlangt hatte. Doch chinesische Analysten glauben nicht, dass der Staat Alibaba auf lange Sicht stoppen kann. Allerdings stört die Staatsführung schon, dass Alibaba umfangreiche Daten von Millionen chinesischen Händlern und Verbrauchern besitzt. In derart zentraler Position, ist Ma durchaus bereit, sich als staatstreu hervorzutun. Der Gründer, überzeugt, dass das Internet China zu einem freieren Ort macht, will im Sinne seiner Anteilseigner mit den Behörden zusammenarbeiten. Und was plant Alibaba mit seinen Milliarden? Schon vor Jahren hat Gründer Ma sein Langzeitziel ausgelotet - wenigstens so wichtig wie Microsoft oder Wal-Mart möchte man schon gern sein.


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