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Umweltschutz infrage gestellt – Stromexporte aus Deutschland auf Rekordhöhe

Es kann nicht im Sinne der Energiewende und des Umweltschutz sein, dass im ersten Halbjahr 2013 die Stromausfuhren aus Deutschland heraus um etwa 50 Prozent angestiegen sind. Derzeit exportiert Deutschland in einem ungekannten Maßstab Strom. Es gibt zwei Gründe für diesen extremen Zuwachs.


Umweltschutz

Stromexporte aus Deutschland sind auf einem Rekordhoch.

Der Bundesverband Energie- und Wasserwirtschaft, kurz BDEW, hat Zahlen veröffentlicht, nach denen im ersten Halbjahr dieses Jahres beinahe 14,9 Terawattstunden – diese Einheit entspricht Milliarden Kilowattstunden – von Deutschland ins Ausland verbraucht wurden. Das auch in 2012 Strom bereits ein Exportschlager war, wird von den Verbrauchern nicht registriert. Damit wird der Umweltschutz im Zuge der Energiewende (Vorzeigeprojekt: EEG) indirekt auch in andere Länder exportiert, so möchte man denken. Im Vorjahreszeitraum wurde nur etwa die Hälfte des jetzigen Exportes umgesetzt.

Es gibt zwei Gründe für diesen starken Zuwachs: Temporäre Stromüberschüsse werden durch den staatlich unterstützten Aufbau der erneuerbaren Energien, insbesondere Solaranlage und Windkraft sind zu nennen,  produziert. Dank der physikalischen Gesetze fließt dieser Überschuss in ausländische Stromnetze ab.

Schlecht für den Umweltschutz: Kohlekraftwerke werden rentabler

Vermutlich ist ein anderer Anteil an den Stromausfuhren größer. Er geht auf deutsche Kohlekraftwerksbetreiber mit ausländischen Abnehmern zurück. Derzeit ist nämlich der Betrieb von Kohlekraftwerken erschwinglich, weil der Preis für ein CO-2-Verschmutzungsanrecht sehr niedrig ist.

In Sachen Umweltschutz ist das leider eine Nullnummer, weil die Betreiber Vattenfall oder RWE ihre Kohlekraftwerke so ununterbrochen am Netz belassen können – auch dann, wenn der dem Umweltschutz viel zuträglichere Ökostrom schon im Netz befindlich ist. Diese Anlagen arbeiten dann ausschließlich für den Export.

Ganz besonders wird der Hauptabnehmer des deutschen Stroms davon beeinflusst: Die Niederlande. Hier werden sogar schon Gaskraftwerke aus dem Markt gedrängt, weil steigende Brennstoffpreise sie benachteiligen. Im selben Zeitraum des Stromexportanstieges ist der Deutschen Umwelthilfe DUH im Zuge einer Analyse aufgefallen, dass die Entwicklung in Deutschland kaum anders verläuft. Gaskraftwerke produzieren im Halbjahresvergleich weniger Strom. Währenddessen schnellte der Kohlestrom-Anteil in die Höhe.

Umweltschutz tritt auf der Stelle – Stromsektor wird trotz Energiewende schmutziger

Die DUH kann diese Entwicklung verständlicherweise nur kritisieren, weil Kohlekraftwerke dem Umweltschutz abträglich sind. Der Kohleboom verschlechtere die Klimabilanz zusehends. Die Emissionsbelastung aus dem Stromsektor steigt tatsächlich wegen des Kohlestroms an, obwohl derzeit sehr viel für die erneuerbaren Energien und den Umweltschutz getan wird.

Bereits 2012 erreichte die Klimabelastung mit 78 Millionen Tonnen Kohlendioxids einen Wert, der oberhalb des Zielpfades lag, den die Bundesregierung bis zum Jahr 2020 abgesteckt hat. Der Umweltschutz in Deutschland werde generell in Frage gestellt, wenn die relativ umwelt- und klimafreundlichen Gaskraftwerke vom Energiemarkt verdrängt würden. Aus diesem Grund rät die DUH der Politik, eine Intervention auf dem Markt für CO2-Zertifikate durchzuführen, damit Kohlekraftwerke ihre Rentabilität einbüßen.

Für den Zeitraum von Januar bis Ende Mai gibt das statistische Bundesamt den Wert für die deutschen Stromausfuhren auf etwa 1,6 Milliarden Euro an. Ungleich schwieriger ist es, den Wert der exportierten Kilowattstunde zu beziffern, weil es zu grenzüberschreitenden Stromflüssen kommt, die auch „loop flows“ genannt werden. Dabei fließt Strom ins Ausland und nach Deutschland zurück, obwohl keinerlei Handelsgeschäfte zugrundeliegen.

Energiekunden Deutschlands wandeln sich – Niederlande unverändert bedeutendster Abnehmer

Die Angaben des Statistischen Bundesamtes verdeutlichen die starke Veränderung der Kundenstruktur der deutschen Stromausfuhren. 2013 ist bislang etwa ein Viertel weniger Elektrizität nach Polen geflossen, als üblich.

Die eingerichteten Strombarrieren sind dafür verantwortlich. Technisch kommt ein sogenannter Phasenschieber zum Einsatz, der es Polen erlaubt, Stromflüsse abzublocken, die aus Deutschland kommen, sofern die eigene Netzstabilität dadurch gefährdet würde. Sie werden ebenfalls aktiviert, sobald die Handelsgeschäfte im Angesicht eines Stromzuflusses aus Deutschland benachteiligt werden.

Währenddessen ist die Strommenge gestiegen, die von uns aus nach Dänemark fließt. Um ganze 480 Prozent. Dem liegt eine einfache Ursache zugrunde: Im vergangenen Jahr stellten die Länder Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern eine neue Stromleitung fertig. Diese als Nordleitung bezeichnete Verbindung ermöglicht es, Solar- und Windstrom in großer Menge von der Ostseeküste in Richtung Westen zu transportieren.

Unverändert geht ein Drittel und mehr der deutschen Stromausfuhren an die Niederlande. Norddeutschlands Windstrom und Kohlestrom aus dem Rheinland verdrängt die dortigen Gaskraftwerke. Deshalb fuhr der schwedische Konzern Vattenfall, nachdem er den Kraftwerksbetreiber Nuon aus den Niederlanden übernahm, einen Milliardenverlust ein.

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