Kaufgelegenheit Schwellenländer?

Schwellenländer - die BRIC-Länder, die südasiatischen Tiger-Staaten oder die Türkei - versprachen lange besonders lukrative Möglichkeiten für die Geldanlage. Inzwischen ist dieser Hype vorbei. Werte aus Ländern wie Indien oder Indonesien könnten sich trotzdem für zukunftsfähige Investitionen eignen. Die Türkei galt durch ihr rasantes Wirtschaftswachstum in den letzten Jahren als einer der Musterstaaten außerhalb Europas und Nordamerika.


Schwellenländer

Seit dem Jahresbeginn 2013 hat sich dieses Blatt jedoch gewendet. Eine Rolle spielen dabei die innenpolitischen Auseinandersetzung des Landes ebenso wie der Verfall der Türkischen Lira und die sich verstärkende wirtschaftliche Stagnation - das Land hatte zuletzt ein BIP-Leistungsbilanzdefizit von sechs Prozent gemeldet. Für die türkische Regierung gelten ausländische Investoren neuerdings als negatives Politikum, Premierminister Recep Erdogan warf ihnen kürzlich vor, die türkische Protestbewegung extern zu steuern  und treibt sie damit letztendlich aus dem Land. Auch andere Schwellenländer leiden unter vergleichbaren Problemen. Der brasilianische Real hat seit Mai 2013 gegenüber dem Euro um 20 Prozent an Wert verloren, auch die indische Rupie und die indonesische Rupiah befinden sich im Sturzflug. In Südostasien - Malaysia, Thailand, Indonesien, die der Philippinen - leiden unter dem gleichen Trend in etwas abgeschwächter Form sowie einer Baisse der lokalen Börsen.

Absturz vieler Schwellenländer - durch die Finanzmarkt-Politik der Fed und strukturelle Defizite

Die Gründe für den Absturz vieler Schwellenländer lag in einer Ankündigung der Fed vom Mai  2013. Die US-Notenbank gab seinerzeit bekannt, dass sie ihre Anleihenkäufe auf dem internationalen Markt deutlich reduzieren wolle. Daraus resultierten Zinsgewinne US-amerikanischer Bonds sowie eine Aufwertung des Dollar. Auch angesichts der politischen Instabilität vieler Schwellenländer präferieren derzeit Anleger die - zumindest angenommene - Sicherheit des US-Dollar. Auch die europäische Schuldenkrise wirkte sich indirekt auf die Performance der Schwellenländer aus. Hinzu kommen diverse Faktoren in den Ländern selbst. Das Wachstum der BRIC-Länder Brasilien, Russland, Indien und China stagniert aufgrund des Fehlens einer nachhaltigen strukturellen Entwicklung bereits seit mehreren Jahren.

Durch den starken Kapitalzufluss zogen in diesen Schwellenländern sowohl die Löhne als auch die Devisenkurse kräftig an und machten damit einen temporären Wettbewerbsvorteil dieser Staaten zunichte. Durch  die Abwanderung vieler internationaler Investoren die noch billigeren Schwellenländer in Südostasien stiegen auch dort seit 2010 die Löhne, Immobilienpreise sowie Aktien- und Devisenkurse spürbar an - und stürzen heute kräftig ab. Die Überbewertung vieler Schwellenländer in den vergangenen Jahren findet hierdurch bis auf weiteres ihr Ende. Der aktuelle wirtschaftliche Lage vieler asiatischer Schwellenländer nährt bereits Spekulationen über eine Wiederholung der Asienkrise von 1997. Der Abwärtstrend der betroffenen Märkte wird durch kreditgestützte Börsenspekulationen, fehlende Absicherungsmöglichkeiten und "Notverkäufe" bei fallenden Aktien- und Devisenkursen sowie die Hochzinspolitik vieler asiatischer Notenbanken derzeit weiter verschärft. Hinzu kommen hohe Inflationsraten und regionale Immobilienblasen.

Positive Signale vor allem aus Indien und Indonesien?

Trotzdem raten nicht alle Finanzexperten von Investitionen in Schwellenländer ab und verweisen speziell für Asien auf deutliche Unterschiede gegenüber 1997. In den Tiger-Staaten sowie in Indonesien sind die staatlichen und privaten Schulden heute deutlich geringer als zum Zeitpunkt der ersten Asienkrise. Durch die Aufhebung der direkten Kopplung an den US-Dollar können die Währungen auf Marktverwerfungen deutlich flexibler reagieren. Außerdem zeigen die meisten asiatischen Schwellenländern bisher trotz eines leichten Wirtschaftsabschwungs noch keine explizit rezessiven Tendenzen. Für Schwellenländer wie Indien und Indonesien heben Experten die staatlich gestützten und in ihrem Kern soliden Bankensysteme als potentiell positiven Investitions- und Entwicklungsfaktor hervor. Durch die Abwertung ihrer Währungen können beide Länder auch wieder auf eine konkurrenzfähigere Exportwirtschaft hoffen. In Indonesien könnte die geringe Staatsverschuldung zudem zur Basis öffentlicher Konjunkturprogramme werden. 

Emerging-Market-Bonds als lukrative Aktien-Alternative

Als Fazit: Eine Investition in Schwellenländer ist derzeit nicht ohne Risiko. Von Aktien oder Währungsspekulationen sollten Anleger aktuell besser Abstand nehmen. Für Investoren, die mittelfristig planen, stellen Emerging-Market-Bonds eine mehr als akzeptable Alternative dar, die mit Renditen bis zu zehn Prozent auch eventuelle Währungsverluste kompensieren. Türkische Werte sollten in einem Schwellenländer-Portfolio allerdings für die absehbare Zukunft nicht enthalten sein.


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