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Steuern sind gezahlt – Ab jetzt arbeiten Sie nur noch fürs eigene Konto

Rein rechnerisch arbeiten die deutschen Arbeitnehmer 188 Tage des Jahres nur für Steuern und Sozialabgaben. Ist der 8. Juli erreicht, fließt der Lohn für den Rest des Jahres ihnen zu. Dieser Tag heißt deshalb „Steuerzahlergedenktag“.


Steuern

Schon werden die Tage wieder kürzer. Die Hälfte des Jahres ist verstrichen. Doch jeden Cent, den ein deutscher Steuerzahler 2013 bisher erwirtschaftete, ist in Sozialversicherungen und an den Fiskus geflossen – immerhin rechnerisch. Jetzt ist die Gesamtbelastung für das ganze Jahr ermittelt worden. Sie liegt unter Einbezugnahme sämtlicher Staatseinnahmen in diesem Jahr bei 51,6 Prozent, wie der Bund der Steuerzahler über „Welt am Sonntag“ informieren ließ. Steuern sind immer ein privates Ärgernis.

Die Steuern für das Gemeinwesen hat der durchschnittliche Steuerzahler demzufolge in den ersten 188 Tagen des Jahres erwirtschaftet. Erst ab Montag, dem 08. Juli, verbleibt alles, was der Durchschnittsbürger erarbeitet, auch in seinem Geldbeutel. Deshalb wird der Steuerzahlerbund diesen Tag zum „Steuerzahlergedenktag“ erklären.

Auch im letzten Jahr ist der Steuerzahlergedenktag auf dieses Datum gefallen. Beim Jahr 2012 handelte es sich um ein Schaltjahr, was bedeutet, dass die Steuer- und Beitragszahler umgelegt auf die Tage des Jahres einen Tag weniger die Sozialversicherung und den Fiskus unterstützen müssen.

Steuern: Genauso viel Netto vom Brutto wie 2009

Die Einkommensbelastungsquote, also die Höhe der Steuern gemessen am Verdienst eines Bürgers, liegt dieses Jahr genauso hoch wie 2009, als die Koalition aus Union und FDP mit dem Slogan antrat, den Bürgern mehr Brutto vom Netto zu spendieren. Mit anderen Worten: Die Steuern sollten gesenkt, die Abgaben reduziert werden, damit eines Jeden Portemonnaie bei gleicher Arbeitsleistung und gleichem Verdienst voller sei. Rainer Holznagel muss als Chef des Steuerzahlerbundes feststellen, dass dieses die Steuern betreffende Wahlversprechen ganz und gar nicht erfüllt worden sei.

Auf der einen Seite sind die Sozialabgaben etwas gesunken, doch die Gesamtbelastung ist auf einem unveränderten Niveau, weil die sogenannte kalte Progression ins Spiel kam. Dieser Effekt tritt immer dann ein, wenn bei einer inflationären Preisentwicklung der Einkommensteuertarif nicht angepasst wird.  Steigt der Nominallohn in einer Größenordnung, die der Höhe der Inflationsrate entspricht, sinkt das Nettoeinkommen faktisch ab.

13 Milliarden Euro Steuern werden von kalter Progression verschlungen

Nach Informationen des Steuerzahlerbundes habe der Bund mithilfe dieser beiläufigen passiven Erhöhung der Steuern innerhalb zweier Jahre etwa 13 Milliarden Euro zusätzlich an Steuern eingenommen. Nach Ansicht Holznagels seien diese Zusatzbelastungen, wenn sie ohne Ankündigung abgezogen werden, eine große Ungerechtigkeit.

Weitere 27,5 Milliarden Euro entfallen dieses Jahr auf eine Umlage, die dem Erneuerbare-Energien-Gesetz entspringt, und für die Haushaltsabgabe an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Hätte man diese Zusatzbelastungen mit in die Berechnung des Steuerzahlergedenktages einbezogen, wäre er sogar erst am 13. Juli. Im engeren Sinn handelt es sich beim Rundfunkbeitrag aber nicht um eine Steuer, weil der Zahler, auch wenn er unfreiwillig zahlt, eine Gegenleistung erhält. Das ist bei Steuern nicht der Fall.

Unternehmen fürchten Steuerbelastung von 97 Prozent

Der Steuerzahlergedenktag kann sich nach der Bundestagswahl im September unter Umständen sogar bis weit in die zweite Hälfte des Jahres verschieben. Das beklagt der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Werden die Vermögenssteuerpläne der Opposition beim Wort genommen, könnte es geschehen, dass Unternehmen aus dem Mittelstand sogar bis in den späten Herbst hinein nur für den Fiskus produzieren würden.

Personenunternehmen, die eine Rendite von zwei Prozent erwirtschaften, könnten mit einer Steuerbelastung von bis zu 97 Prozent versehen werden. Die Produktion in solch einem Unternehmen liefe sogar bis zum 20. Dezember ausschließlich für das Finanzamt.

Steuern für Banken- und Eurorettung, aber auch für Kultur und Bildung

Jeder, der am Montag ein Gefühl der Ungerechtigkeit erlebt, wenn er nach der Arbeit feststellt, dass all sein Tun und Schaffen bislang scheinbar nur dem Fiskus zu Gute kam, soll sich trotzdem die Frage gefallen lassen, was der Fiskus mit seinem Geld anstellen wird. Das medial gezeichnete Bild wird seine Stimmung nicht aufhellen können, wenn er sich die Schlagzeilen der vergangenen Monate oder Jahre vor Augen führt: Griechenland-Rettung mit Steuergeldern, Verstaatlichung von insolventen Banken, missglückte Rüstungsprojekte oder funktionsunfähige Infrastrukturprojekte fallen ihm als erstes ein.

Bei genauerem Hinsehen findet ein jeder seine Steuerabgaben aber schon am nächsten Tag auf dem Weg zur Arbeit wieder, wenn sein Auto eine schlaglochfreie Straße befährt. Gleiches ist der Fall, wenn er das Auto stehen lässt und die Straßenbahn oder einen Bus zur Arbeit nimmt: Die öffentlichen Verkehrsbetriebe finanzieren nur einen Bruchteil ihrer laufenden Kosten durch den Verkauf von Fahrkarten.

Zu großen Teilen sind auch die Schulbildung und der Besuch eines Kindergartens für die Heranwachsenden kostenlos, weil Steuergelder dafür aufgewendet werden. Um das Verhältnis des Steuerzahlers zu seinen Abgaben wieder einzurenken, kann auch ein Besuch im Theater oder bei einer anderen Kulturveranstaltung helfen: Jede Eintrittskarte subventioniert der Staat mit 50 bis 100 Euro, manchmal sogar mit 250 Euro. Unsere gezahlten Steuern sind also – bis auf einen traurigen Anteil – nicht für immer „beim Fiskus“ verschwunden. (LB/BHB)


 
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