15:00

Cash-Alarm bei den chinesischen Banken

Geldknappheit bei den chinesischen Banken. Auslöser dafür sind Zhou Xiaochuans, Zentralbankchef, vorsichtige Versuche, Chinas aufgeblähten Finanzsektor zu normalisieren. Scheitert Zhou Xiaochuan mit seinem Vorhaben, würde die Wirtschaftsgroßmacht von der Pleite bedroht.


Cash-Alarm bei den chinesischen Banken

Genau genommen dürfte Zhou Xiaochuan nach den Statuten bereits gar nicht mehr im Amt sein. Der Zentralbankchef feierte am 29. Januar seinen 65. Geburtstag und hätte somit nach den Statuten der People's Bank of China in Pension gehen müssen. Doch weder sein Staatspräsident noch der Premier lassen Xiaochuan in den Ruhestand gehen. Der Zentralbankchef wurde zum "Nationalen Führer" ernannt und somit war die Altersgrenze nicht mehr gegeben, denn aktuell wird Xiaochuan mehr denn je gebraucht.

Ihm obliegt die heikle Aufgabe, aus dem aufgeblähten chinesischen Finanzsektor die Luft herauszulassen. Zum einen muss das rasante Kreditwachstum eingedämmt werden, das China selbst in Krisenzeiten traumhafte Wachstumsraten bescherte, aktuell aber ein Problem darstellt. Die Zentralbank wird künftig weitaus weniger Geld verleihen dürfen und auch die Konditionen müssen verschärft werden.

Zum Anderen muss der Zentralbankchef jedoch auch darauf achten, dass die riesigen chinesischen Geschäftsbanken auch weiterhin zur Tilgung ihrer Schulden liquide bleiben. Für die Volksrepublik China wäre der Kollaps einer der führenden Banken des Landes, wie zum Beispiel der staatlichen Bank of China, ein ebensolcher Schock wie die Lehman-Pleite es für die Vereinigten Staaten war. Da Chinas Banken mittlerweile zu den größten Finanzhäusern der Welt zählen, wären die Folgen eines solchen Kollaps nicht überschaubar. 

Chinesischer Interbankenmarkt in heller Aufregung

Von knapp 120 auf 200 Prozent ist das Verhältnis der Darlehen zum Bruttosozialprodukt seit 2008 angestiegen. Auch im laufenden Jahr stieg das Kreditvolumen erneut um mehr als 20 Prozent an. Auch die Immobilienpreise sind in einem ähnlichen Tempo angestiegen. Kritiker wie der Finanzprofessor an der Peking University, Michael Pettis, warnen bereits seit Jahren vor einer Blasenbildung und einem drohenden Kollaps, ähnlich dem Szenario in den Vereinigten Staaten. Augenscheinlich scheinen nun auch die Geldhäuser selbst Bedenken zu bekommen, aktuell leiht man sich untereinander nur noch ungern Geld.

Die Nervosität hat auch den chinesischen Interbankenmarkt fest im Griff. Aktuell werden für Sieben-Tages-Kredite von Bank zu Bank für das erhöhte Risiko mehr als 10 Prozent Zinsen gefordert, im Normalfall liegt der Zins bei 4 Prozent.

Die Zinsen in Höhe von mehr als zehn Prozent machen zum einen die Angst deutlich, dass die sich Geld leihende Bank innerhalb der kommenden Tage in die Pleite gehen könnte. Zum Anderen wird durch die westlichen Bankvertreter der Volksrepublik auch darauf hingewiesen, dass im Juni viele der chinesischen Firmen ihre Steuern abführen müssen. Dadurch steigt alljährlich sowohl der Cash-Bedarf als auch die Zinsen für kurzfristige Kredite.

Gerüchten zufolge sollen die Interbankzinsen am Freitagmorgen von 10,7 auf 8,5 Prozent gesunken sein. Einige Großbanken sollen von der Zentralbank Geldspritzen erhalten haben, was kurzfristig für eine leichte Entspannung sorgte. Durch den Bericht einer Wirtschaftszeitung, in dem angegeben wurde, die Bank of China hätte ihre Zahlungen wegen Geldmangels um eine halbe Stunde hinauszögern müssen, schnellten die Zinsen trotz Dementi der Bank wieder in die Höhe. Von einem eingefrorenen Interbankenhandel berichteten die Marktteilnehmer. Das Szenario erinnert an die Lehman-Pleite im Jahr 2008. 

Vorbei sind die fetten Jahre

So schnell wie kaum ein anderer der Notenbanker handelte Zhou damals. Innerhalb von zwei Monaten senkte er die Zinsen dreimal, für die Geschäftsbanken wurden die Kreditauflagen gelockert und Zhou wirkte mit bei dem kolossalen staatlichen Konjunkturprogramm mit über 400 Milliarden Euro, alles in Übereinstimmung mit der chinesischen Regierung, denn die People's Bank of China ist politisch nicht unabhängig. Mit diesem Vorgehen trugen die Politik und die Zentralbank dafür Sorge, dass die Volksrepublik den Lehman-Schock besser als jeder andere Staat verdaute.

Doch die fetten Jahre sind vorbei. Das Wachstum der Volksrepublik ist schon lange unter die ehemals als unantastbar geltende Acht-Prozent-Marke gesunken. Stagnation bei den Exporten, die Inflation und die Löhne und in erster Linie auch die Fremdfinanzierungen steigen in die Höhe. Nun zeigt sich die Kehrseite der Medaille der lockeren Geldpolitik Zhous. Dennoch trauen die Chinesen nur ihm zu, einen Ausweg zu finden.

Zhous hat eine Bilderbuchkarriere hinter sich und gilt in China als unantastbar. Als studierter Chemieingenieur machte sich Zhou als Ökonom einen Namen und wurde später stellvertretender Handelsminister, gefolgt von der Position als Vizechef der Bank of China. Zhou wurde zum Berater von Präsident Jiang Zemin im Bezug auf die ökonomische Öffnung Chinas.

Zhou übernahm 2002 die Führung der chinesischen Zentralbank und sorgte für internationale Schlagzeilen als er 2005 die veraltete und steife Bindung der mehr als unterbewerteten chinesischen Landeswährung gegenüber dem US-Dollar gemächlich lockerte. Der Kurs des Renminbi steigt seither in kleinen Schritten und wird von der Notenbank akribisch überwacht. Die Chinesen preisen Zhou für die Umsichtigkeit, die er bei der Flexibilisierung des "Volksgeldes“ unter Beweis gestellt hat. Eben diese Umsichtigkeit ist nun erneut gefragt, jedoch bleiben Zhou in diesem Fall nicht wieder acht Jahre Zeit.  (FR/BHB)


 
Herzlich Willkommen Video | Honorar für Beratung
Schnellzugang Geldanlage

28.03.2021 - Emerging Markets
Höheres Tempo als China: Indien wächst schnell Andreas Glogger, Vermögensverwalter, berichtet.
03.01.2021 - Emerging Markets
Zwei Welten prallen aufeinander: China und das Internet Honorar-Finanzanlagenberater Thomas Lau informiert umfassend.
26.09.2016 - Emerging Markets
Schwellenländer-Anleihen gefragt BRIC-Staaten mit guten Aussichten, stellt der unabhängige Finanzberater Holger Scheve fest.
Alle Honorarberater