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Apple: Vom Smartphone-Hersteller zum Bankenkiller?

Das iPhone ist nicht einfach nur irgendein Handy. Es ist eines der begehrtesten Luxusprodukte der ganzen Welt.


Aus der Hosentasche eines Hipsters ist es ebenso wenig wegzudenken wie aus den Selfies von Instagram-Influencern. Und auch Superstars wie Kylie Jenner, Heidi Klum oder Hip-Hop-Milliardär Jay-Z bevorzugen dieses Smartphone. Das iPhone hat Apple zu dem gemacht, was es ist: Das wertvollste Unternehmen der Welt.

Dass der Konzern aus Cupertino, Kalifornien, einmal für etwas anderes stehen könnte als schicke Handys, schien bis vor kurzem unvorstellbar. Und doch ist Apple gerade dabei, in einem ganz anderen Bereich eine Revolution auszulösen. Dabei handelt es sich nicht etwa um Smart Watches oder VR-Brillen - sondern um Finanzdienstleistungen. Mit seinem Dienst Apple Pay stößt der Konzern rasant in neue Bereiche vor. Viele davon waren bisher die Domäne von Banken und Kreditkartenanbietern. Mutiert Apple etwa vom Smartphone-Hersteller zum Bankenkiller?

Rasante Expansion in den USA und weltweit

Rund acht Jahre ist es her, dass Apple sein Mobile Wallet Apple Pay vorstellte. Wer die App herunterlud, konnte damit zunächst nur in wenigen Geschäften zahlen. Mittlerweile akzeptieren aber mehr als 75 % aller Händler in den USA Apple-Pay-Zahlungen. Insgesamt werden zwar nur rund 3 % aller Zahlungen in Geschäften mit dem Dienst abgewickelt. Aber die Tendenz ist steigend. Und mit einem Marktanteil von 48 % hat sich Apple einen bequemen Vorsprung vor Konkurrenten wie Google und Samsung gesichert. In den letzten Jahren hat Apple Pay auch international rasant expandiert. Anfang 2023 war der Dienst in mehr als 70 Ländern verfügbar, darunter ganz Nordamerika und die EU. Mehr als 500 Millionen Nutzer weltweit haben Apple Pay bereits freigeschaltet. Als Apple Pay im März des Jahres nach Korea expandierte, gab es einen regelrechten Run auf den Dienst: Innerhalb weniger Wochen wurden dort mehr als 3 Millionen Kreditkarten in der App registriert.

Zunehmende Bedeutung bei Online-Zahlungen

Im Online-Markt hat Apple Pay es aktuell noch deutlich schwieriger und bleibt hinter Konkurrenten wie PayPal und Stripe zurück. Der Marktanteil in den USA liegt aktuell bei lediglich 3,26 % aller Transaktionen. Aber auch hier kann Apple Erfolge verzeichnen: Online Casinos mit Apple Pay sind auf dem Vormarsch. Schon jetzt bietet rund ein Drittel der Plattformen die Zahlungsmethode für Spiele wie Slots, Roulette oder Blackjack an. Sie kann dort unter anderem mit der verbesserten Sicherheit gegenüber Kreditkarten punkten. Ein weiterer Coup gelang Apple kürzlich, als zum ersten Mal eine Blockchain-Gaming-App Zahlungen per Apple Pay ermöglichte. Das Move-to-Earn-Spiel StepN erhofft sich durch diesen Schritt neue Nutzer.

Banken müssen Gebühren tragen

Für die Nutzung von Apple Pay erhebt Apple naturgemäß eine Gebühr. Die bezahlen allerdings weder Verbraucher noch Händler. Vielmehr sind es die Banken, die einen Teil ihrer Einnahmen an Apple abtreten müssen. Durchschnittlich 15 % der Transaktionsgebühr streicht der Konzern, teilweise soll er Anteil des Tech-Giganten sogar bei bis zu 39 % liegen. Wenn Verbraucher ihre Karte im Geldbeutel lassen und stattdessen mit dem Handy bezahlen, schmälert das den Gewinn der Banken also erheblich. Das sorgt für Unmut: 2021 berichtete das Wall Street Journal, dass führende US-Banken wie JPMorgan Chase oder Bank of America versuchen, die Provision für Apple zu senken.

Tap to Pay erhöht Druck auf Banken weiter

Unterdessen geht der Konzern noch einen Schritt weiter. In einigen Märkten führte es kürzlich die Tap-to-Pay-Funktion ein, die das iPhone zu einem Kartenterminal macht. Das macht es für Händler deutlich einfacher, ihren Zahlungsdienstleister zu wechseln. Denn bisher war es dazu nötig, auch das Kartenterminal auszutauschen - ein Aufwand, der sich in der Regel nicht lohnte. Wer das iPhone als Terminal nutzt, lädt hingegen einfach die App des neuen Dienstleisters herunter und löscht die Alte. Das dürfte zu lebhafter Konkurrenz und deutlich geringeren Transaktionsgebühren führen - worunter das Geschäft der Banken noch weiter leiden wird.

Direkte Konkurrenz durch Apple Card und Sparbuch

Damit ist Apples Finanz-Feldzug aber noch nicht zu Ende. Der Konzern greift auch das Kerngeschäft der Banken an. Die Kreditkarte Apple Card tritt in direkte Konkurrenz zu etablierten Marken wie Visa und Mastercard. Hinzu kommt seit April 2023 ein Sparbuch für Apple-Card-Kunden. Der Zinssatz beträgt zum Start 4,15 % und ist damit deutlich höher als bei vielen klassischen Banken. Für seinen Vorstoß ist Apple eine Kooperation mit Goldman Sachs und Mastercard eingegangen. Die etablierten Unternehmen betreiben mit der Zusammenarbeit wohl vor allem Schadensbegrenzung: Sie müssen sich der neuen Marktmacht des Tech-Konzerns beugen.

Apple als Fintech-Gigant

Apple befindet sich also auf dem besten Weg, zum größten Fintech der Welt zu avancieren - eine Entwicklung, die noch vor wenigen Jahren kaum jemand vorhergesehen hat. Auf dem Weg dorthin tritt es vielen etablierten Playern auf den Schlips, allen voran den Banken. Der zusätzliche Machtgewinn für Big Tech bereitet aber auch Regulatoren und anderen Beobachtern Kopfschmerzen. Wenn der wertvollste Konzern der Welt sich etwas vornimmt, dürfte er aber nicht leicht aufzuhalten sein.


 
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